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Doppeltes Spiel auf dem Gipfel in Schanghai

Matthias von Hein16. Juni 2006

Mahmud Ahmadinedschad hat das Angebot im Atomstreit am Rande des Schanghai-Gipfels als "Schritt vorwärts" bezeichnet. Den seltenen Auftritt des Präsidenten vor einem internationalen Forum analysiert Matthias von Hein.

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Ahmadinedschad darf Gast aber nicht Mitglied sein - noch nichtBild: picture-alliance/ dpa

Es war ein Jubiläumstreffen. Die "Schanghai Organisation für Zusammenarbeit" (SOZ) wollte sich als ein funktionierendes Regionalbündnis präsentieren. Doch am Ende interessierte sich kaum jemand für die beim 5. Gipfeltreffen der Organisation in Schanghai unterzeichneten Dokumente. Nein, alle Augen schauten auf Mahmud Ahmadinedschad. Der als Beobachter angereiste iranische Präsident hielt nicht nur eine Rede. Er traf auch erstmals mit den Führern von zwei Mitgliedern des Weltsicherheitsrates zusammen: Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatspräsident Hu Jintao.

Selbstbewusste Rede

Um es gleich vorweg zu sagen: In seiner Rede hat sich der iranische Präsident jeglicher Ausfälle gegen die USA und auch Israels enthalten. Die nervösen chinesischen Gastgeber beglückte er bei der Pressekonferenz nach seinem Treffen mit Hu Jintao mit einer Botschaft, die sich wohlwollend als diplomatischer Erfolg Pekings verkaufen lässt: Ahmadinedschad bewertete immerhin öffentlich das Angebot der fünf ständigen Weltsicherheitsratsmitglieder und Deutschlands zur Lösung des Atomstreits als einen "Schritt vorwärts" und sagte "sorgfältige Prüfung" zu. Das klingt wenigstens etwas beruhigender als die Äußerung des obersten iranischen Führers vom Vortag. Da hatte Ayatollah Ali Chamenei noch getönt, der Iran werde sich keinesfalls dem Druck beugen, sein Atomprogramm aufzugeben.

Bei seiner Rede vor dem Gipfel war Ahmadinedschad ausgesprochen selbstbewusst aufgetreten. Als wäre der Iran bereits das Vollmitglied das es gerne wäre, beschwor er die Mitglieder, sich enger gegen den Westen zusammenzuschließen - auch wenn er ihn nicht beim Namen nannte. Der Iran lockte mit engerer Zusammenarbeit im Energiesektor. Der Präsident lud zu einer Konferenz der Energieminister nach Teheran ein.

Gipfel der SCO-Staaten in Schanghai 2006
Die Präsdidenten von Usbekistan, Russland, Kasachstan, China, Kirgisien, Tadschikistan und dem IranBild: picture-alliance/ dpa

Bündnis gegen den Westen?

Vor allem aus zwei Gründen strebt der Iran mit Macht in die "Schanghai Organisation für Zusammenarbeit". Zum einen kann er so die Versuche des Westens nach Isolation des Teheraner Regimes untergraben. Zum anderen erhofft es sich größere Sicherheit: Die Mitglieder der Organisation garantieren sich Beistand bei äußerer Bedrohung. An einer stärkeren militärischen Integration der beteiligten SOZ-Staaten wird bereits gearbeitet.

Eine Aufnahme des Irans in die SOZ wäre jedoch ein Schlag ins Gesicht der USA. Den offenen Konflikt mit Washington möchte Peking aber vermeiden - jedenfalls jetzt noch. Da aber China immerhin ein Drittel seines Rohöls aus dem Iran importiert, setzt es seine ambivalente Politik in der Atom-Krise fort: Zwar wurde Iran zum Gipfeltreffen in Schanghai eingeladen und bekam die Chance auf einen erstklassigen Auftritt auf der Weltbühne. Doch gleichzeitig signalisiert Peking, dass vorerst nicht an eine Erweiterung der SOZ gedacht werde.

China treibt Rohstoff- und Handelssicherung

Ähnlich vor einem Monat: Da unterstützte das Politbüromitglied Tang Jiaxuan den Westen und forderte ein Moratorium aller Aktivitäten in Richtung Uran-Anreicherung. Doch in der Frage nach möglichen Sanktionen vermied er sorgfältig jede Festlegung.

Chinas Außenpolitik ist vor allem eine Politik der Rohstoff- und Handelssicherung - unter konsequenter Ausklammerung von Menschenrechts- und Sicherheitsfragen. Die Afrika-Reise von Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao (beginnend am 17.6.2006) wird das vermutlich erneut unterstreichen.

Schwierige und kontroverse Politikbereiche überlässt Peking gerne anderen. Eine auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in China im Mai 2006 zu Recht angemahnte verantwortungsvollere Außenpolitik sieht anders aus.