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Doris Pack: Dayton hat "nicht die Grundlagen für ein funktionierendes Bosnien und Herzegowina gelegt"

21. November 2005

Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament im Interview von DW-RADIO

https://p.dw.com/p/7UVQ

"Dayton hat den Krieg beendet, hat aber nicht die Grundlagen für ein funktionierendes Bosnien und Herzegowina gelegt. Die ethnischen Gräben sind tiefer geworden, alles wird dreifach besetzt. Das ist kein Ausgangspunkt für einen funktionsfähigen Staat." Das sagte Doris Pack, Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, in einem Interview von DW-RADIO. Zehn Jahre nach Abschluss des Dayton-Abkommens sei die Europäische Union "die einzige Schubkraft", die eine notwendige Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina herbeiführen könne: "Wir haben ja dadurch, dass wir Verhandlungen über einen Assoziierungs- und Stabilisierungsprozess aufnehmen möchten, eine Möglichkeit geschaffen, noch mehr positiven Druck auf die Politiker auszuüben, dass sie sich eines Besseren besinnen und die ethnischen Gräben zuschütten."


Laut Pack gebe es in der komplexen Staatsstruktur des vier Millionen Einwohner zählenden Landes 14 Regierungen, 147 Minister und etwa 200 Abgeordnete. Diese Situation sei "unmöglich". Die internationale Gemeinschaft mit dem Hohen Repräsentanten könne allerdings keine Verfassungsänderung "von außen oktroyieren": "Die Politiker sind gewählt im Lande. Sie müssten eigentlich nach ihrer Wahl die Verantwortung übernehmen, aus diesem Staat ein funktionsfähiges Gemeinwesen zu machen", so die Berichterstatterin des Europäischen Parlaments zum Thema "Wiederaufbauagentur der EU auf dem Balkan (Kosovo)".


Pack bedauerte, dass viele Politiker in Bosnien und Herzegowina notwendige Reformen hinauszögern oder blockieren, "weil sie ihre Wähler nicht vergraulen wollen". Bisher treffe dann der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft diese Entscheidungen. Es dürfe aber nicht sein, dass die Gesetzgeber so ihre Verantwortung abwälzen: "Das ist in einem Rechtsstaat nicht länger möglich und darum muss das baldmöglichst geändert werden. Aber dann müssten die Politiker im Lande auch wirklich ihre Verantwortung wahrnehmen. Und da zweifle ich, dass der Wille sehr groß ist", sagte Pack im deutschen Auslandsrundfunk.

21. November 2005
264/05