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Drei Buchstaben

6. Mai 2009

In unserer Rubrik "Mail aus..." berichten unsere Korrespondenten über Geschichten und ganz persönliche Beobachtungen aus ihrem Alltag. Diese Woche schreibt uns Patrick Gschwend aus Prag.

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Bundeskanzlerin Merkel mit dem tschechischen Staatschef Vaclav Klaus
Bundeskanzlerin Merkel mit dem tschechischen Staatschef Vaclav KlausBild: AP

Die tschechische Sprache hat eine Eigenart: Weibliche Nachnamen enden auf -ová. Die Frau von einem Herrn Klaus heißt Frau Klausová, die von Herrn Havel Frau Havlová und so weiter. Die -ová-Endung ist ein Relikt aus alten Zeiten: Streng genommen deutet sie ein Besitzverhältnis an. Frau Nováková gehört also ihrem Mann, Herrn Novák. In anderen slawischen Sprachen gibt es ähnliche Phänomene.

Hierzulande kriegen nicht nur tschechische Frauen namenstechnisch ihr Fett weg: Beim EU-Gipfel hat Premierminister Topolánek die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkelová getroffen. Der US-Präsident Obama hat im April auch "seine" Außenministerin Hillary Clintonová mit nach Prag gebracht. So gehört sich das nicht nur im Journalisten-Tschechisch.

Ein Namensstreit im Fernsehen

Tschechische Frauen beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama in Prag (Foto: AP)
Tschechische Frauen beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama in PragBild: AP

Der Sportkommentatorin Zuzana Kocumová wurde das -ová zum Verhängnis: Die ehemalige Skilangläuferin berichtete im Februar als Expertin für das tschechische Fernsehen von der nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Liberec. Ihr gingen die Namen einiger ausländischer Skifahrerinnen, ergänzt um das tschechische -ová, einfach nicht über die Lippen.

Zu allem Übel zeigte sich Kocumová auch noch uneinsichtig und behauptete frech, die Sportlerinnen hießen schließlich so, wie es in ihrem Pass stehe. Das war zu viel für den Sportchef des Fernsehens. Der Sprachpurist entließ die beliebte Kommentatorin. Dass der aber offenbar weniger Probleme damit hat, die tschechische Sportschützin und Olympiasiegerin Kateřina Emmons, so zu nennen, wie es in ihrem Pass steht, als die finnische Skilangläuferin Virpi Kuitunen - Entschuldigung Kuitunenová - das kann dann doch wirklich nur Sprachbanausen wundern.

Aufstand der Sprachbanausen

Doch die Sprachbanausen unter den Fernsehzuschauern gingen auf die Barrikaden. Nach einer enormen Welle der Unterstützung für Zuzana Kocumová wurde ihre Entlassung zurückgenommen. Ob sie im Sinne ihres Chefs geläutert zurückkehrte, ist unbekannt.

Damit Kocumová keinen weiteren Schaden anrichten konnte, ließ man sie am letzten Tag der Ski-Weltmeisterschaft das 50-Kilometer-Rennen der Männer kommentieren. Und bis zur nächsten Wintersport-Saison dauert es ja noch ein paar Monate.

Autor: Patrick Gschwend
Redaktion: Julia Kuckelkorn