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Drei von zehn Betrieben ohne Nachwuchs

Rolf Wenkel
18. Juli 2017

Der Anteil der Betriebe, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können, hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf jetzt 31 Prozent verdoppelt. Der Industrie- und Handelskammertag schlägt Alarm.

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Lehrstelle Ausbildung in Deutschland Metallindustrie
Bild: picture-alliance/dpa

"Uns geht der Nachwuchs aus", sagt Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). "Fast jeder zehnte Ausbildungsbetrieb hat noch nicht einmal eine einzige Bewerbung erhalten." Das ist eines der Ergebnisse der jüngsten Online-Erhebung des DIHK, an der sich deutschlandweit über 10.000 Unternehmen beteiligt haben.

Schon jetzt sei der Fachkräftemangel für jedes zweite Unternehmen ein Geschäftsrisiko. Schweitzer warnte, dies sei "eine gefährliche Entwicklung für die gesamte Gesellschaft", denn fehlende Fachkräfte bedeuteten "weniger Wachstum und Wohlstand" in der Zukunft.

Mehr für die duale Ausbildung

"Wir müssen deshalb mehr für unsere duale Ausbildung tun", mahnte der DIHK-Präsident. Dass sich zuletzt sowohl die G20-Staatschefs als auch die politischen Parteien in Deutschland vor der Bundestagswahl sehr positiv zur beruflichen Bildung geäußert hätten, sei ermutigend, "aber das reicht nicht." Deutschland habe sich zu lange mit der Diskussion über die Alternative "Ausbildung oder Studium" aufgehalten. Diese Frage sei "falsch gestellt", sagt Schweitzer: "Entscheidend ist, welche Qualifikationen in den Betrieben und am Arbeitsmarkt in Zukunft gebraucht werden."

Unbesetzte Ausbildungsplätze seien ungenutzte Chancen für junge Menschen, so Schweitzer weiter. Denn im Unterschied zum Studium würden Ausbildungsplätze in der Regel nur angeboten, wenn es in Betrieben einen Bedarf gäbe. "Bei den inzwischen 18.500 Studiengängen wird sich dieser Bedarf erst nach dem Studium erweisen müssen", sagt Schweitzer.

Auch Betriebe, die noch Bewerbungen erhalten, stünden vor Herausforderungen. Denn nicht immer seien die Bewerber für den angebotenen Ausbildungsplatz geeignet. "Ihnen fehlen zum Beispiel Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit oder Kenntuisse in Deutsch oder Mathematik." Ohne Mindestqualifikationen könnten Azubis jedoch eine anspruchsvolle betriebliche Ausbildung nicht erfolgreich bewältigen.

Ländliche Regionen besonders betroffen

Achim Dercks, stellvertretender Geschäftsführer des DIHK, verweist darauf, dass vor allem in ländlichen Regionen alle Beteiligten an der Beruflichen Bildung durch die seit Jahren rückläufigen Bewerberzahlen vor großen Herausforderungen stehen. "Umso wichtiger ist eine enge Zusammenarbeit aller Akteure, um gemeinsam die vorhandenen Plätze zu besetzen", sagt er. So hätten in der aktuellen DIHK-Umfrage 86 Prozent der Betriebe angegeben, dass sie mit ihrer Berufsschule zufrieden oder sehr zufrieden seien.

Dercks: "Diese Erfolgsgeschichte müssen wir fortschreiben. Dazu gehört, immer nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen." So wünschten sich zum Beispiel knapp zwei Drittel der Betriebe eine noch intensivere Kommunikation mit den Berufsschulen. Weitere potenzielle Erfolgsfaktoren seien der regelmäßige Austausch über die Leistungen der Auszubildenden und die enge Zusammenarbeit bei der Ausbildung von lernschwächeren Jugendlichen und Flüchtlingen.

Und: Im Rahmen der Digitalisierungsstrategien von Bund und Ländern müssten die Berufsschulen einen besonderen Stellenwert einnehmen, forderte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer. "Nur wenn die Berufsschulen für die Digitalisierung gerüstet sind, sind die jungen Fachkräfte am Ende ihrer Ausbildung den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gewachsen".