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Drohgebärden aus Moskau

13. September 2002

Russland vermutet tschetschenische Terroristen in Georgien und droht dem Nachbarland mit einem Militärschlag. Moskau hat sich mit Washington über den Angriff geeinigt, heißt es in russischen Medien.

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Nicht gut auf Russland zu sprechen: Georgiens Präsident Eduard SchewardnadseBild: AP

"Falls von Georgien aus weiter kriminelle Übergriffe stattfinden, unternimmt Russland in strenger Übereinstimmung mit internationalem Recht angemessene Schritte zur Abwehr der terroristischen Bedrohung", ließ Wladimir Putin in einem Brief UNO-Generalsekretär Kofi Annan von seinen Plänen wissen. Der russische Präsident hat nach eigenen Angaben zudem Beweise, dass die tschetschenischen Rebellen an der Planung der September-Anschläge in den USA beteiligt waren. Russische Medien vermuten hinter der Drohung einen Tauschhandel mit den USA, die Unterstützer für ihren geplanten Irak-Angriff suchen.

In Tiflis wies Georgiens Präsident Eduard Schewardnadse den Vorgang als voreingenommen und voreilig zurück. "Es ist aber sehr ernst, wenn der Präsident eines solchen Landes solche bedrohlichen Worte ausstößt", sagte Schewardnadse.

Russland sucht Terroristen

Schon Mitte der Woche hatte Putin mit Militäraktionen gedroht, falls Tiflis nicht mehr gegen tschetschenische Rebellen und internationale Terroristen unternehme. Diese verstecken sich nach russischer Auffassung im georgischen Pankisi-Tal, unweit der Grenze zur russischen Teilrepublik Tschetschenien.

Schewardnadse verweist darauf, dass Russland selbst das Pankisi-Problem verursacht habe. Nach dem russischen Einmarsch in die abtrünnige Kaukasus-Republik Tschetschenien im Herbst 1999 waren mehrere tausend Menschen über die Grenze in das Tal geflohen.

Polizeiaktion geht weiter

Ob sich die beiden Staatsoberhäupter direkt miteinander in Verbindung setzen werden, ist unklar. Der Kreml teilte mit, es sei kein Telefonat mit Schewardnadse geplant. In der Zwischenzeit gehen laut georgischem Innenministerium die als zu lasch kritisierte Polizeiaktion im Pankisi-Tal wie geplant weiter.

Schewardnadse ließ zudem dementieren, dass sich dort wie behauptet mindestens 500 tschetschenische Rebellen aufhielten. Und selbst dies so wäre, könnten diese nie die nationale Sicherheit Russlands bedrohen, sagte ein Berater des georgischen Präsidenten.

Militärschlag bald möglich

Nach Angaben des russischen Innenministers Boris Gryslow könne ein Angriff gegen den Nachbarn in Kürze bevorstehen. Moskau rechne nicht mehr mit einer Zusammenarbeit mit Tiflis. "Wir sollten die Bedrohung unserer nationalen Sicherheit aus Georgien nicht länger akzeptieren", sagte Gryslow. Es gehe Moskau dabei jedoch nicht um einen Sturz der georgischen Regierung.

Aus Tiflis heißt es, ein einseitiges Vorgehen Moskaus käme einer Kriegserklärung gleich. In der georgischen Bevölkerung wächst unterdessen die Angst vor einem russischen Militärschlag. Vertreter der Opposition in Tiflis erklärten im Fernsehen ihre Unterstützung für Präsident Schewardnadse.

Tauschhandel zwischen Bush und Putin

In russischen Medienberichten heißt es, Putin habe seine Ankündigung mit US-Präsident George W. Bush als Gegenleistung für eine Einwilligung in dessen Irak-Pläne ausgehandelt. Am Donnerstag (12. September) hatte Bush die internationale Gemeinschaft zu einem gemeinsamen militärischen Vorgehen gegen Saddam Hussein aufgerufen. Der Irak ist ein wichtiger Hamdelspartner Moskaus. Putin hatte sich bislang stets gegen einen Militäreinsatz in dem Land ausgesprochen. (kap)