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Duell ohne Sieger

Michael Knigge22. Oktober 2002

Die erste Fernsehdebatte der Kanzlerkandidaten findet auch im Ausland ein breites Medienecho. Wie für die meisten ihrer deutschen Kollegen endete für internationale Journalisten das TV-Duell mit einem Unentschieden.

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Quotenerfolg: 15 Millionen Menschen schalteten einBild: AP

Die 75-minütige Auseinandersetzung zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinem Herausforderer Edmund Stoiber "ist ohne eine überlegenen Sieger zu Ende gegangen", lautet das Fazit der "Neue Zürcher Zeitung". "Wie von ihm gewohnt, zeigte Schröder sich zwar redegewandt und formulierte prägnant. Doch schien ihn unter den Angriffen Stoibers seine sprichwörtliche Gelassenheit mitunter zu verlassen", schreibt das Schweizer Blatt mit dem Hinweis, dass Stoiber seine Nerven am Sonntag offenbar gut im Griff hatte. Er "zeigte sich ruhig, lächelte viel öfter als der Bundeskanzler und leistete sich keine rhetorischen Ausrutscher mehr."

Der britische "Guardian" sieht das ähnlich. "In der lebendigen und hitzigen Debatte gegen den anerkannten Meister im Umgang mit den Medien, Kanzler Gerhard Schröder, vermied der bayerische Konservative schlimme Fehler und trug seine Argumente energievoll und leidenschaftlich vor." Obwohl Schröder in einigen Umfragen besser abschnitt als sein Herausforderer, werde Stoiber seinen Auftritt als wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem Wahlsieg am 22. September werten. Dagegen hatten Schröder und seine Berater gehofft, er könne durch sein Mediengeschick einen entscheidenden Vorsprung in den Wahl-Umfragen erlangen, betont der "Guardian".

Kein Einfluss auf Wahlausgang

Nach Einschätzung der "New York Times" beendeten beide Kontrahenten das TV-Duell unbeschadet. "Die zwei Hauptkandidaten für die Führung Deutschlands zankten sich höflich in der ersten Fernseh-Debatte nach amerkanischem Muster. Beide präsentierten ihre Abneigung für einander in wiederholten Auseinandersetzungen, bei denen es aber nur wenige Treffer gab." Auf den Wahlausgang wird das TV-Duell der Zeitung zufolge keinen entscheidenden Einfluss haben, da die Deutschen ihre Stimmabgabe traditionell mehr an Parteien und Programmen statt an den Führungsfiguren ausrichten.

"Zunächst schien es, als ob von einem `Duell´ keine Rede sein könnte", bemerkt die österreichische Tageszeitung "Die Presse". "Das vorweg hochstilisierte Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten entpuppte sich in den ersten Minuten als Nebeneinander zweier Interviews und wirkte wie eine staatstragende Doppel-Pressekonferenz." Erst nach einiger Zeit seien die Kandidaten aufgetaut und die Auseinandersetzung spannender geworden. "Bemerkenswert war, dass Stoiber seine frühreren Stotterpannen vermeiden konnte, Schröder dagegen in nahezu jeder Antwort seine Lieblingswendung `und im übrigen´ unterbrachte."

Nichts gewonnen, nichts verloren

Schröder war in der Debatte nicht so überragend wie erwartet, Stoiber nicht so desaströs wie erwartet, bewertet der französische "Le Figaro" die TV-Auseinandersetzung. Das Ergebnis sei ein Unentschieden zwischen den Duellanten. Für den Bundeskanzler bedeute dies wenige Wochen vor der Wahl: "Schröder hat nichts verloren, aber er hat auch nichts gewonnen."