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Durch den "Himmel auf Erden"

Gerd Schmitz

725 Kilometer ist die Oberschwäbische Barockstraße lang, sie führt zu insgesamt 70 Orten. DW-WORLD stellt einen Teil dieser Ferienstraße vor. Teil II: von Ravensburg nach Ottobeuren.

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Das Rathaus in Bad Waldsee an der Oberschwäbischen BarockstraßeBild: www.bodensee-tourismus.com

Durch Obsthaine und Weinberge führt unser Weg Richtung Ravensburg. Die nahe Klosterkirche Weißenau ist vor allem wegen ihrer acht Glocken berühmt, von denen die größte fünf Tonnen wiegt. Die größte barocke Basilika Deutschlands steht in Weingarten. Zur Zeit werden der Südturm und die 66 Meter hohe Kuppel restauriert.

Der Innenraum ist über hundert Meter lang. Lichter Stuck harmoniert mit kunstvollen Fresken. Hochaltar, Chorgestühl und das goldene Chorgitter vereinigen sich in vollendeter Pracht. Mehr als 200 Künstler und Kunsthandwerker sollen sich am Bau und an der Ausgestaltung betätigt haben. Immerhin war Weingarten bis zur Säkularisation das reichste aller schwäbischen Klöster. Die weltberühmte Gabler-Orgel mit mehr als 70 klingenden Registern und exakt 6666 Pfeifen ist 14 Meter hoch und um sechs Fenster herum gebaut.

In Bad Waldsee zeugen prachtvolle Bauten aus der Zeit der Gotik und des Barock von frühem Wohlstand. In der ehemaligen Stiftskirche von Bad Buchau verbinden sich französischer Klassizismus und oberschwäbisches Rokoko.

Bücher in Illusionsbibliothek

Das Bad Schussenrieder Chorgestühl aus Nuss-, Wurzel- und Lindenholz ist ein Meisterwerk barocker Holzschnitzkunst. Berühmt ist auch die Bibliothek, der "Sitz der Weisen", wie die Mönche diesen Festsaal des Rokoko nannten. Sie ist groß wie ein Ballsaal, auf dessen Deckenfresken ein gemaltes Orchester unhörbare Tanzsuiten spielt. Die lichtblauen Bücherschränke sind ebenfalls Attrappe: Auf die Füllungen der Schranktüren wurden einheitlich weiße Buchrücken gemalt. Sogar die Zimmertüren täuschen weiße Buchrücken vor.

Raum ohne Grenzen

Basilika und Berge
Oberschwäbische BarockstraßeBild: www.bodensee-tourismus.com

Mitten auf dem Lande in der stillen oberschwäbischen Riedlandschaft, in Steinhausen, steht die angeblich "schönste Dorfkirche der Welt". Von außen präsentiert sich die Kirche betont einfach. Drinnen steht der Besucher in einem ovalen Raum, dessen Grenzen kaum auszumachen sind. Die Ausschmückung ist etwas Besonderes: In der Kirche ist die ganze damalige Welt auf vier Kontinenten dargestellt. Australien war noch nicht entdeckt, als 1729-30 dieses Deckengemälde von Johann Baptist Zimmermann gemalt wurde. Die weißen Wände und Pfeiler sind mit pastellfarbenen Stuckranken, exakt 365 Engeln und vielerlei Blumen übersponnen.

"Schwäbischer Escorial"

Die größte barocke Klosteranlage der Welt steht im Geburtsort von Pfarrer Sebastian Kneipp in Ottobeuren in Bayerisch-Schwaben. Der besterhaltene sakrale Komplex des 18. Jahrhunderts in Deutschland wird nach dem Vorbild bei Madrid auch "schwäbischer Escorial" genannt. Hier gibt es 200 Räume, etliche Treppenhäuser, fast zwei Kilometer Flure und 837 Fenster. Ottobeuren verwaltete als Reichsstift immerhin einen Besitz von fast 300 Quadratkilometern. Die Kirche ist eine der vollkommensten Schöpfungen des deutschen Rokoko.

Die Region zeigt sich auch kulinarisch geschichtsbewusst. Viele Lokale bieten Barock-Menüs an, vom eingemachten Kalbfleisch über traditionelle Teigwaren wie "Knöpfle" und "Kratzede" bis zur Fischmousse. So wird Kultur zum Genuss.

"Barocke Lebensfreude": Von Bad Saalgau nach Birnau. Lesen Sie Teil I der DW-WORLD-Reise entlang der Oberschwäbischen Barockstraße.