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Politik

Ortega will Maduro vor Gericht bringen

14. Oktober 2017

Schon lange werden Menschenrechtsverletzungen in Venezuela angeprangert. Nun bringt die entlassene Generalstaatsanwältin Ortega Beweise vor - sie sollen für eine Anzeige reichen, sagt sie im exklusiven DW-Interview.

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DW Interview mit Luisa Ortega
Luisa Ortega im DW-InterviewBild: DW

Kurz vor den Regionalwahlen könnte sie an Maduros Macht kratzen: Venezuelas entlassene Generalstaatsanwältin Luisa Ortega kann laut eigener Aussage Beweise für Menschenrechtsverletzungen in dem südamerikanischen Land vorlegen. Diese Beweise reichten aus, um eine "aussichtsreiche" Anzeige beim Internationalen Strafgerichtshof gegen Staatspräsident Nicolas Maduro einzureichen, sagte Ortega am Samstag in einem Exklusiv-Interview mit der Deutschen Welle. Eine von ihr erstellte Akte enthalte Dokumente über außergerichtliche Urteilsvollstreckungen, darunter Autopsieprotokolle und Untersuchungen von Tatorten. Schon seit Jahren prangern westliche Regierungen und Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch die Situation in dem Land an. Die Vereinten Nationen berichteten von Misshandlungen, die Folter "in einigen Fällen" gleich kämen. 

Auf die Frage, ob die EU wie die USA Sanktionen gegen das Land verhängen sollte, sagte Ortega: "Die Maßnahmen, die ergriffen werden, dürfen die Bevölkerung nicht beeinträchtigen." Daher spreche sie sich nicht für Sanktionen, sondern für den gerichtlichen Weg aus, um die Krise zu beenden.

Venezuela Präsident Nicolas Maduro
Venezuelas Präsident Maduro - bald als Angeklagter vor dem Internationalen Gerichtshof? Bild: picture-alliance/dpa/Presidencia de Venezuela

"Recht auf Wahlen"

Zu den Regionalwahlen an diesem Sonntag sagte die ehemalige Generalstaatsanwältin, dass es kein Widerspruch sei, sich an der Wahl zu beteiligen, weil nicht die verfassungsgebende Nationalversammlung, sondern die Verfassung diese vorgäbe. "Diese Wahlen hätten im letzten Dezember stattfinden sollen. Die Venezolaner haben ein Recht auf diese Wahlen", so Ortega. Die Nationalversammlung besitze keine Legitimation. Zur Inhaftierung des Oppositionsführers Leopoldo López während ihrer Amtszeit sagte Ortega, diese "war ein ordnungsgemäßer Prozess, weil es ein öffentliches Urteil gab." López spielte eine führende Rolle bei den regierungskritischen Protesten 2014. Er wurde mehrfach inhaftiert und unter Hausarrest gestellt. Sie selbst habe "für den Moment" keine politischen Ambitionen, so die Juristin.

Knapp 19 Millionen Venezolaner sind aufgerufen, neue Gouverneure in den 23 Bundesstaaten zu bestimmen. Das bürgerliche Oppositionsbündnis MUD, das mit internationaler Unterstützung den Rücktritt des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro fordert, hofft auf kräftige Stimmengewinne. Derzeit regiert die Regierungskoalition in 20 Bundesstaaten. Meinungsumfragen zufolge können oppositionelle Kandidaten in der Mehrzahl der Staaten mit einer deutlichen Mehrheit rechnen. Es ist aber unklar, inwieweit sie ihre Anhänger mobilisieren können, zur Wahl zu gehen.

Venezuela Wahlen
Regionalwahlen in Venezuela: Opposition hofft auf Stimmenzuwachs Bild: Reuters/C. Garcia Rawlins

Flucht nach Kolumbien

Ortega war im August nach Kolumbien geflohen, nachdem sie von der Verfassunggebenden Versammlung (ANC) Venezuelas abgesetzt worden war. Sie hatte die ANC für verfassungswidrig erklärt. Präsident Maduro hatte im Mai auf dem Höhepunkt der Massenproteste die Verfassunggebende Versammlung angeordnet, deren Vertreter Ende Juli trotz internationaler und nationaler Proteste gewählt wurden. Inzwischen hat sich die ANC über alle anderen politischen Institutionen im Land gestellt.

Regierung und Opposition in Venezuela liefern sich seit Monaten einen erbitterten Machtkampf, der zu blutigen Straßenschlachten mit mehr als 120 Toten führte. Die Opposition wirft Maduro vor, Venezuela in eine Diktatur zu führen. Auch zahlreiche westliche Regierungen protestierten gegen Menschenrechtsverletzungen und die Entmachtung des von der Opposition dominierten Parlaments. Maduro hingegen wirft einigen rechten Oppositionsführern vor, Chaos im Land zu stiften und mit Hilfe der USA einen Staatsstreich vorzubereiten.

sth/fab (dw/KNA/epd)