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Russland und EU

18. Januar 2011

Trotz eines hohen Beitrittswillens und der persönlichen Übereinstimmung mit Werten der EU wissen die Ukrainer, dass sie um eine Partnerschaft mit Russland nicht herumkommen. Das zeigt der im Dezember erhobene DW-Trend.

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Händedruck (Foto: BIlderbox)
Positivere Umfragewerte für Russland, EU und DeutschlandBild: bilderbox

Die Mehrheit der Ukrainer spricht sich nach wie vor für eine Mitgliedschaft ihres Landes in der Europäischen Union aus. Das ergab auch der zweite DW-Trend, den das Markt- und Meinungsforschungsinstitut IFAK Ukraine im Auftrag der Ukrainischen Redaktion der Deutschen Welle im Dezember 2010 nach repräsentativen Methoden in der Ukraine erhoben hat.

Einen Beitritt zur EU binnen 1 bis 5 Jahren befürworten 32 Prozent und in 5 bis 10 Jahren 18 Prozent. Für eine EU-Mitgliedschaft in den nächsten 10 bis 20 Jahren sind 10 Prozent und erst nach 20 Jahren oder später 7 Prozent der Befragten. Damit bleibt die Zahl der Befürworter eines EU-Beitritts im Vergleich zum ersten DW-Trend im September 2010 auf gleichem Niveau. 17 Prozent konnten keine Antwort geben.

DW-Trend-Grafik zur Frage, wann die Ukraine EU-Mitglied werden soll (Grafik: DW)

Lediglich eine Minderheit von 16 Prozent der Ukrainer gab im Dezember 2010 an, eine EU-Mitgliedschaft abzulehnen. Die Zahl der Beitrittsgegner liegt im traditionell eher pro-russischen Osten des Landes mit 20 Prozent deutlich höher als in der West-Ukraine (8 Prozent). Im Dezember wurde aber im Osten der Ukraine ein leichter Rückgang der Gegner einer EU-Mitgliedschaft verzeichnet. Deren Anzahl hatte im September noch 24 Prozent erreicht.

Übereinstimmung mit Werten der EU

Der DW-Trend im Dezember 2010 zeigt erneut, dass die EU von den Ukrainern überwiegend als Wirtschafts- und Sicherheitsgemeinschaft gesehen wird. Für rund die Hälfte der Ukrainer (55 Prozent) steht die EU für wirtschaftliches Wachstum. Zweithäufigste Nennung ist weiterhin die Entwicklung eines gemeinsamen Sicherheitssystems (40 Prozent). Während im September noch weniger als 20 Prozent der Befragten die Entwicklung von Meinungsfreiheit und demokratischen Werten für wichtige Ziele der EU hielten, sind es im Dezember bereits 32 Prozent.

Die Einschätzung der Ziele der EU deckt sich mit den Anliegen, die den Ukrainern persönlich wichtig sind. Denn 48 Prozent geben an, dass wirtschaftliches Wachstum als Ziel der EU auch für sie persönlich wichtig ist. Die Entwicklung eines gemeinsamen Sicherheitssystems der EU halten 39 Prozent auch für sich persönlich für ein wichtiges Ziel. Zugleich lässt sich im Vergleich zu September eine deutliche Veränderung der persönlichen Erwartungen an die EU erkennen. Während wirtschaftliches Wachstum in den letzten drei Monaten annähernd gleich wichtig geblieben ist, ist das Ziel der Schaffung eines gemeinsamen Sicherheitssystems deutlich wichtiger geworden (September: 28 Prozent).

Mit 24 Prozent ist auch die Zahl derer deutlich angestiegen, die politische Grundwerte der EU, wie die Entwicklung von Demokratie und Meinungsfreiheit, auch für sich persönlich zu wichtigen Werten erklären.

DW-Trend-Grafik zur Frage, wofür die EU steht (Grafik: DW)

Gute Partnerschaft mit Russland

Trotz des hohen Beitrittswillens und der persönlichen Übereinstimmung mit vielen Zielen und Werten der EU wissen die Ukrainer, dass sie um eine Einigung und gute Partnerschaft mit Russland nicht herumkommen. DW-Trend stellte vier mögliche außenpolitische Optionen zur Wahl: ein Bündnis mit Russland, enge Beziehungen mit Russland und der EU, eine EU-Mitgliedschaft und die Durchsetzung ukrainischer Interessen ohne Rücksicht auf die Nachbarn.

In den Antworten befürworten 35 Prozent enge Beziehungen mit Russland und der EU. 29 Prozent votieren für ein Bündnis mit Russland und lediglich 14 Prozent für eine uneingeschränkte EU-Mitgliedschaft. Somit hofft die ukrainische Bevölkerung zwar auf einen möglichst schnellen EU-Beitritt, sie geht aber zugleich davon aus, dass eine Verständigung und enge Beziehungen mit Russland notwendig sind. Nur 19 Prozent hingegen meinen, die Ukraine solle ihre Interessen ohne Rücksicht auf Nachbarländer durchsetzen. Bezeichnend ist, dass sich die eher pro-westlich eingestellten West-Ukrainer und die eher pro-russisch orientierten Ost-Ukrainer in dieser Einschätzung der Situation kaum unterscheiden.

Die Beziehungen der Ukraine mit Russland werden im Dezember ähnlich wie im September überwiegend positiv bewertet. Während im September 61 Prozent der Befragten sie insgesamt positiv bewerteten, aber 20 Prozent meinten, sie seien feindlich, bezeichnen sie im Dezember 76 Prozent der Befragten als positiv. Somit haben sich in den Augen der Ukrainer in letzten drei Monaten die ukrainisch-russischen Beziehungen verbessert. Nur noch 8 Prozent betrachten sie als feindlich.

Deutschland und EU nahezu gleich bewertet

Im Vergleichszeitraum werden auch die Beziehungen mit der Europäischen Union und Deutschland besser bewertet. Dabei liegen EU und Deutschland nahezu gleichauf. Während im September insgesamt 37 Prozent der Befragten die Beziehungen mit der EU positiv bewerteten, sind es im Dezember insgesamt 47 Prozent. Lediglich 7 Prozent betrachten die Beziehungen als angespannt. Ganz ähnlich wie im September (42 Prozent) sahen die Ukrainer auch im Dezember mit 45 Prozent die Beziehungen zu Deutschland positiv. Nur 5 Prozent halten sie für angespannt.

Damit werden allerdings die Beziehungen zu Deutschland und der EU schlechter bewertet als die Beziehungen zu Polen und Belarus. 55 Prozent der Befragten bewerten die Beziehungen zu Polen positiv. Das Verhältnis zu Belarus schätzen 60 Prozent der Befragten positiv ein.

DW-Trend-Grafik zur Frage, wie die Außenbeziehungen der Ukraine bewertet werden (Grafik: DW)

Methode der Befragung

Die Befragung wurde bevölkerungsrepräsentativ in der Ukraine durchgeführt. Es wurden 1000 Personen an 35 Sample-Points in der gesamten Ukraine im Zeitraum vom 3. bis 13. Dezember befragt. Die Gesamtheit der Befragten entspricht der Bevölkerungsstruktur der Ukraine.

Autoren: Bernd Johann, Sergey Govoruha
Redaktion: Markian Ostaptschuk