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Düstere Prognose

2. Dezember 2009

Eine in Beirut vorgelegte Studie des Arabischen Forums für Umwelt und Entwicklung untersucht die Folgen des Klimawandels in der arabischen Welt. Die Ergebnisse sind alarmierend.

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Umweltaktivisten von indyact auf der AFED-Konferenz in Beirut (Foto: DW)
"Öl kann man nicht trinken!" - Proteste am Rande der AFED-Konferenz in BeirutBild: DW
Plakat der AFED-Konferenz in Beirut (Foto: DW)
Vorbereitungen für Kopenhagen: Die AFED-Konferenz in BeirutBild: DW

Wenige Tage vor dem Umweltgipfel in Kopenhagen stellte das Arabische Forum für Umwelt und Entwicklung (AFED) in Beirut den ersten umfassenden Bericht über die Folgen des Klimawandels in der arabischen Welt vor: Demzufolge gehören die Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas zu den Regionen der Welt, die am stärksten von den Folgen der globalen Erwärmung betroffen sein werden. Wenn der Meeresspiegel um einen Meter steigt, heißt es in der vom "Center of Remote Sensing" der Universität Boston veröffentlichten Studie, könnten Flächen von der vierfachen Größe des Libanon überschwemmt werden, heißt es da. Zugleich sei die Region aber auch denkbar schlecht auf solche Entwicklungen vorbereitet, so ein weiteres Ergebnis.

Land unter in Ägypten

Mohamed El-Rey ist Professor an der Universität von Alexandria, Experte des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) und er hat an dieser Studie mitgearbeitet. Seine Untersuchungen konzentrierten sich vor allem auf die Auswirkungen des Klimawandels auf Küstengebiete, die nicht nur dicht besiedelt sind, sondern auch landwirtschaftlich intensiv genutzt werden. Allein in seiner Heimat Ägypten könnten, so schätzt der Forscher, durch einen Anstieg des Meeresspiegels mehr als 12 Prozent der fruchtbaren Agrarflächen in Gefahr sein. "Das Nildelta liegt unter dem Meeresspiegel", erklärt er, "und es sinkt weiter, aber wir sind auf diese Entwicklung überhaupt nicht vorbereitet!" Es gebe weder regelmäßige Untersuchungen noch kompetente Institutionen, klagt er: "Wir haben keine Fachleute, sammeln keine Daten und es gibt niemanden, der dafür zuständig wäre. Wir brauchen dringend ein Zentrum, das Daten sammelt und analysiert. Und wir brauchen Pläne für die nötigen Veränderungen der Infrastruktur der Küstengebiete!"

Ein Paar betrachtet die Skyline von Alexandria (Foto: AP)
In Alexandria sind die Folgen des Klimawandels jetzt schon absehbar: Der Wasserspiegel steigt aufgrund der globalen Erderwärmung und auch die zunehmenden Wettereskapaden bedrohen die Menschen in den Küstenregionen.Bild: AP

Ähnlich gravierende Folgen haben auch zunehmende Dürren infolge des Klimawandels für die Region: Bereits heute müssen die Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas, die zu den wasserärmsten der Erde gehören, große Teile ihrer Lebensmittel einführen. In den nächsten Jahrzehnten ist zu erwarten, dass die Nahrungsmittelproduktion noch weiter zurückgehen wird - um bis zu 50 Prozent, schätzt AFED.

Punktuelle Projekte

Im Jahr 2007 verpflichteten sich die arabischen Umweltminister nationale und regionale Pläne auszuarbeiten, um die Folgen des Klimawandels abzumildern. Und in einigen Ländern wie Tunesien, Marokko oder Algerien gibt es zwar mittlerweile Projekte zur Nutzung regenerativer Energien - wie etwa die erste CO2-neutrale Stadt in Abu Dhabi - aber diese Einzelbeispiele können nicht darüber nicht hinwegtäuschen, dass arabische Entscheidungsträger bisher nur wenig unternommen haben, um die Region auf den Klimawandel vorzubereiten.

Proteste während der AFED-Konferenz (Foto: DW)
"Die Araber sind mehr als nur Öl": Proteste während der KonferenzBild: DW

Das Versagen der Politik steht im Gegensatz zu den Sorgen und zum Bewusstsein der Bevölkerung: Das geht aus einer Umfrage des Gallup-Instituts im Auftrag der AFED hervor. Demnach waren 93 Prozent der Befragten der Meinung, dass die globale Erwärmung eine Gefahr für ihr Land darstellt. Und 51 Prozent glauben, dass ihre jeweilige Regierung dennoch nicht genug dagegen unternimmt. "Diese Umfrage wird uns dabei helfen Druck auf die Regierungen auszuüben", sagt Nagib Saab von AFED.

Wenige Tage vor dem Umweltgipfel in Kopenhagen spiegeln die Verhandlungspositionen der arabischen Länder jedoch nicht die Dringlichkeit der Studienergebnisse von AFED wieder. Die Position der Arabischen Liga wird vor allem von den Interessen der Erdölexportierenden Länder dominiert, allen voran Saudi Arabien. Das Königreich besitzt die größten Erdölreserven weltweit und gehört zu den wichtigsten Produzenten.

Öl kann man nicht trinken

Wael Hmaidan (Foto: DW)
Wael Hmaidan versucht, für die Folgen des Klimawandels zu sensibilisierenBild: DW

Auf der Konferenz in Beirut haben Aktivisten der libanesischen NGO "indyact" ihre Kritik deutlich zum Ausdruck gebracht. Am Eingang und im Versammlungssaal entrollten sie Plakate mit den Sätzen: "Öl kann man nicht trinken“ oder "Die Araber sind mehr als nur Öl!". Einer dieser Aktivisten ist Wael Hmaidan: "Saudi Arabien betrachtet den Kampf gegen die Folgen des Klimawandels als Bedrohung gegen den Erdölhandel. Aus diesem Grund versuchen sie, den Verhandlungen Steine in den Weg zu legen oder sie zu verzögern", sagt er und erklärt, Saudi Arabien zum Beispiel fordere, für eventuelle Verluste im Ölhandel entschädigt zu werden und sperre sich gegen eine Drosselung der Erdölproduktion.

Ein Vertreter Saudi Arabiens war zu diesem Thema in Beirut nicht dabei. Majid al-Mansuri, Vorsitzender der Umweltbehörde von Abu Dhabi, gibt sich zwar diplomatisch zurückhaltend, aber indirekt bestätigt er die Kritik von indyact: "Zwischen den Erdöl exportierenden Ländern gibt es Meinungsunterschiede. Das hängt mit der Politik der jeweiligen Länder zusammen", erklärt er. Auch er sieht die Problematik, dass vor allem der Nahe Osten besonders unter den Folgend des Klimawandels leiden wird. Dass es aber in Kopenhagen zu irgendwelchen relevanten Beschlüssen kommen wird, die genau dies verhindern, das glaubt er nicht.

Autorin: Mona Naggar
Redaktion: Ina Rottscheidt