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EHEC ganz oben auf der politischen Agenda

26. Mai 2011

Es beginnt mit heftigem Durchfall, Erbrechen und krampfartigen Bauchschmerzen. Der aggressive Darmkeim EHEC breitet sich sprunghaft in Deutschland aus. Die Politik reagiert alarmiert.

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Kunden kaufen auf einem Wochenmarkt Obst, Gemüse, Fleisch und Blumen ein. (Foto: dpa)
Vorsichtiger Einkauf - Eine Gemüsestand auf einem WochenmarktBild: picture-alliance/ dpa

Ein Wochenmarkt mitten in Berlin. Bei den Obstständen türmen sich schlanke Zucchini und pralle rote Tomaten. Auf den ersten Blick leckeres Obst, aber die Kunden sind vorsichtig geworden. Die jüngsten Fälle des Darmkeims EHEC haben sie aufmerksam gemacht. "Wir waschen alles an Obst und so ab, aber das macht man ja in der Regel sowieso", erklärt eine Marktbesucherin ihre Vorbeugungsmaßnahmen.

Obst, Trauben, Äpfel, Pflaumen liegen in einem Obststand aus. (Foto: bilderbox)
Verbraucher schauen aktuell beim Kauf von Obst und Gemüse genau hinBild: Bilderbox

Der Darmkeim EHEC, der sich über Norddeutschland auf das ganze Bundesgebiet ausgebreitet hat, kann im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich sein. Obstverkäufer könnte daher derzeit vielleicht ein Risiko-Job sein. Doch die Marktfrau Andrea Bonet schüttelt den Kopf.

Mischung aus Vorsicht und Schicksal

Mit einer Mischung aus Vorsicht und Schicksalsergebenheit stehen die Kunden an ihrem Obststand. Die glänzenden Äpfel springen einem gleich ins Auge. Lecker, aber wie man seit einigen Tagen auch weiß, vielleicht auch extrem gefährlich. Wegen des Darmkeims EHEC. Es sei ja noch nicht bewiesen, dass der Erreger vom Obst oder Gemüse gekommen sei, entgegnet Andrea Bonet. "Ich bin der Meinung das schaukelt sich jetzt schon wieder ganz schön hoch. Ich weiß, dass man Gemüse durchkochen oder ordentlich waschen soll, aber ich esse trotzdem noch mein Gemüse roh, ich bin da nicht so ängstlich."

Die biologisch-technische Assistentin Tanja Adolf hält in einem Labor des Universitätsklinikums in Münster (UKM) eine Petrischale, in der sich ein Nährboden mit Darmbakterien befindet. (Foto: dapd)
Forscher suchen im Eiltempo nach dem EHEC-ErregerBild: dapd

Dabei hat es Erreger in sich. Er grassiert derzeit vor allem in Norddeutschland. EHEC kann zu Erbrechen, Durchfall und Nierenschäden führen - oder sogar tödlich verlaufen. Eine Frau ist daran gestorben, beim Tod von drei weiteren wird ein Zusammenhang vermutet. Da der Keim sonst vor allem im Verdauungstrakt von Wiederkäuern lebt, von Kühen und Schafen, wird vermutet, dass EHEC über unsachgemäß gedüngte Landprodukte zum Menschen kommt.

Ungewöhnlich hohe Zahlen

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). (Foto: ap)
Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU): "Bedrohliche Situation"Bild: AP

Wie genau, ist rätselhaft - auch für den Seuchenexperten Reinhard Burger, der Präsident des Robert-Koch-Instituts. "Es sind halt ungewöhnlich hohe Zahlen. Der Stand der schweren EHEC-Infektionen liegt jetzt bei 130." Das sei eine ausgesprochen große Zahl, wenn man die üblichen 60 bis 70 Ansteckungfälle pro Jahr zum Vergleich ziehe, sagt Burger, der auch den Gesundheitsausschuss des Bundestages bei einer Sondersitzung über die rasante Ausbreitung informierte.

Ein potentiell tödlicher Erreger, von dem niemand weiß, woher er kommt und dessen massive und plötzliche Verbreitung die Fachleute ratlos macht, eröffnet der Politik wenig Handlungsoptionen. Agrarministerin Ilse Aigner drängt die Forscher zum Handeln. Aigner sprach von einer "bedrohlichen Situation" und verwies darauf, dass die zuständigen Behörden "mit Hochdruck" an der Aufklärung des Falles arbeiten würden.

Hände waschen

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) gibt in Berlin ein Pressestatement zu der Ausbreitung des EHEC-Erregers. (Foto: dapd)
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) fordert die Menschen zur Hygenie aufBild: AP

Während ihr Kollege, Gesundheitsminister Daniel Bahr, in einer eilig anberaumten Pressekonferenz zur Sauberkeit riet. "Obst und Gemüse sollte intensiv und sorgfältig gereinigt werden. Die Hände sollten regelmäßig gewaschen werden", so der Minister.

Der FDP-Politiker hofft auf eine baldige Aufklärung der Ursachen der EHEC-Fälle. Ganz optimistisch. Hinweise könnte eine auffällige Häufung von Infektionen in einer Frankfurter Kantine geben.


Autor: Heiner Kiesel
Redaktion: Arne Lichtenberg