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Ehemaligen Mitarbeitern der Jagellonen-Universität Kollaboration mit den Nazis vorgeworfen

7. April 2003

- IPN prüft

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Warschau, 4.4.2003, PAP, poln.

Das Institut des Nationalen Gedenkens wird prüfen, ob Wissenschaftler der Jagellonen-Universität während des Krieges mit den Nazis kollaboriert haben, wie die Zeitung Wprost behauptet. Mit einer entsprechenden Bitte hat sich der Rektor der Universität an IPN gewandt, der zuvor diese Behauptungen dementiert hatte.

"Der Vorsitzende von IPN Leon Kieres wird im Institut einen speziellen Arbeitsausschuss aus Historikern und Archivaren gründen, der alle Umstände im Zusammenhang mit der Arbeit des Ost-Instituts klären soll. Der Ausschuss wird alle verfügbaren polnischen und ausländischen Quellen untersuchen, die die Arbeit dieses Institution betreffen", teilte IPN am Donnerstag (3.4.) mit.

Die Entscheidung, einen solchen Ausschuss zu gründen traf Kieres auf Antrag des Rektors der Jagellonen-Universität, Prof. Franciszek Ziejka, der IPN ersuchte, die Arbeit der Professoren der Universität zu überprüfen, die während der Besatzungszeit im Ost-Institut tätig waren und der zu den in der Wochenzeitung Wprost aufgestellten Behauptungen Stellung nahm.

Ende März hatte der Rektor der Jagellonen-Universität die Wochenzeitung Wprost, die in dem Artikel unter der Überschrift "Institut der Kollaboration" behauptete, einige Wissenschaftler der Jagellonen-Universität seien Mitarbeiter der Nazis gewesen, aufgefordert, die Dinge richtig zu stellen und sich zu entschuldigen. "Der gute Name der Universität wurde beschmutzt. Ich habe in einem Brief an den Chefredakteur von Wprost darum gebeten, die Dinge richtig zu stellen und die Wissenschaftler, die noch am Leben sind sowie die Familien derer, die nicht mehr am Leben sind, um Entschuldigung zu bitten. Sollte die Redaktion der Zeitung darauf nicht reagieren, dann werden wir nach einer Analyse aller Dokumente eine Gerichtsvorladung erwägen", kündigte Prof. Ziejka an.

Der Verfasser des Artikels über das von den Nazis gegründete Ost-Institut, Slawomir Sieradzki, schreibt, "mehr als einhundert polnische Wissenschaftler arbeiteten eifrig mit den Nazis zusammen" und "keiner von ihnen wurde nach dem Krieg bestraft". Er berief sich auf einen Bericht von D. Anetta Rybicka von der Warschauer Universität. Zu den am Institut beschäftigten Wissenschaftlern zählt Sieradzki den Vorkriegsrektor der Warschauer Universität, Wlodzimierz Antoniewicz, den Sprachwissenschaftler Mieczyslaw Malecki und den Historiker Wladyslaw Semkowicz. Zu dem Kreis gehört auch der bekannte Sprachwissenschaftler Tadeusz Ulewicz.

"Das ist Unsinn. Keine der am Institut beschäftigten Personen kollaborierte mit den Deutschen. Genauso könnte man behaupten, dass während des Krieges Briefträger oder Eisenbahner Kollaboranten waren", sagte Prof. Ulewicz. Das Institut sei ein Deckmantel für konspirative Tätigkeit gewesen, denn dort entstand eine geheime Universität und der Polnische West-Bund.

Professor Ziejka unterstrich, das Ost-Institut sei ein hervorragender Deckmantel für die Arbeit einer geheimen Universität gewesen. "Die dort beschäftigten Mitarbeiter der Universität als Quislinge zu bezeichnen bedeutet, den guten Namen der Jagellonen-Universität zu beschmutzen. Die Behauptung, der Artikel habe Diskussionen auslösen sollen, ist ein Fehler, denn jeder Historiker ist zur Objektivität verpflichtet. Das ist keine Sensation und nicht der erste Versuch, Professoren der Jagellonen-Universität in ein schlechtes Licht zu stellen!, fügte Ziejka hinzu.

An der Jagellonen-Universität soll am 11. April ein Historiker-Treffen stattfinden, zu dem Anetta Rybicka, der wissenschaftliche Leiter sowie die Rezensenten ihrer Arbeit eingeladne sind. Nach Meinung von Historikern der Jagellonen-Universität hat diese Arbeit viele formale Mängel, die unter anderem das Quellenmaterial betreffen. (TS)