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Die Krisenfeuerwehr

6. April 2010

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist einer der größten Geldgeber weltweit und gleichzeitig so unbekannt, wie kaum eine andere Bank. Sie ist die Krisenfeuerwehr der Europäischen Union.

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Gebäude der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg (Foto: dpa)
Die Europäische Investitionsbank sitzt in LuxemburgBild: PA/dpa

79 Milliarden Euro hat die Europäische Investitionsbank im vergangenen Jahr verliehen. Das entspricht etwa den Staatseinnahmen Belgiens. Die Europäische Investitionsbank, EIB, ist so etwas wie die Hausbank der Europäischen Union, alle Mitgliedsstaaten halten Anteile an ihr. Dabei geht es der Bank nicht in erster Linie um Profit. Oberste Aufgabe der EIB ist es, die politischen Vorgaben der EU umzusetzen.

Nachhaltigkeit ist gefragt

Drei Ziele stehen dabei im Vordergrund: "Das eine ist die Unterstützung von Kleineren und Mittleren Unternehmen", sagt Matthias Kollatz-Ahnen, Vizepräsident der EIB. "Zweitens unterstützen wir die wirtschaftlich schwächeren Regionen in Europa, die so genannten Konvergenzregionen. Und als drittes unterstützen wir Unternehmen dabei, ihre Produktion auf Nachhaltigkeit umzustellen."

"Nachhaltigkeit" in "Konvergenzregionen": Hinter der umständlichen Formel verbirgt sich bei der EIB seit 50 Jahren der immer gleiche Prozess. Tritt ein neues Land der EU bei, muss dort kräftig investiert werden: In Straßen, Wasserleitungen und Bahnhöfe oder in die oft marode Industrie. Auf diese Weise will die Europäische Union besser zusammenwachsen, und dabei trotzdem ihr wirtschaftliches Niveau halten – also konvergieren.

Konvergenzregion: Neue Bundesländer

Blick auf den im Bau befindlichen neuen Berliner Airport (Foto: dpa)
Kredite für den neuen Berliner AirportBild: dpa

Zum Beispiel nach der deutschen Wiedervereinigung: Noch bis zum Jahr 2013 sind Teile der neuen deutschen Bundesländer ganz offiziell "EU-Konvergenzregion". Günstige Kredite der EIB ermöglichen hier so manches Bauprojekt. Auch der Neubau des Berliner Willy-Brandt-Flughafens zählt dazu: 582 Millionen Euro kommen von der EIB. "Die klassischen Investitionen sind aber eigentlich mehr solche Sachen wie Wasser- und Abwassernetzausbau oder Sanierung und Modernisierung von Kläranlagen zum Beispiel in Brandenburg oder in Dresden", sagt Kollatz-Ahnen.

Bis das Geld der EIB aber in einer Dresdner Kläranlage ankommt, vergeht viel Zeit. Zunächst prüft die EIB über mehrere Monate, ob die Sanierung einer Kläranlage in Dresden tatsächlich der Konvergenz Europas dient. Ist dies der Fall, leiht sich die EIB als große und vertrauenswürdige Bank billiges Geld auf dem internationalen Finanzmarkt. Dieses Geld gibt sie an eine kleinere Geschäftsbank in Deutschland weiter. Von ihr wird die neue Kläranlage in Dresden dann mit einem günstigen Kredit unterstützt. Vorraussetzung ist aber, dass die deutsche Geschäftsbank noch einmal dieselbe Summe drauflegt.

Aufbauprogramm für Beitrittskandidaten

Kredite der EIB sind so genannte Durchlaufgeschäfte. Sie werden nicht direkt an Projektträger oder kleine Unternehmen vergeben, sondern über eine zwischengeschaltete Bank verteilt. Das hat einen wichtigen Grund: "Wir verdrängen dadurch nicht den jeweils vorhandenen regionalen Bankensektor aus dem Geschäft", sagt Kollatz-Ahnen. "Gerade weil wir im Regelfall nur 50 Prozent finanzieren." Die zwischengeschalteten Banken müssen der EIB auch nachweisen, dass die Gelder der EIB auch tatsächlich beim Projekt ankommen - beispielsweise an der Dresdener Kläranlage.

Istanbul - Bosporus und Blaue Moschee (Foto: AP)
Auch die Türkei profitiertBild: AP

Der hohe Verwaltungsaufwand schreckt viele Banken davon ab, sich um billiges Geld bei der EIB zu bemühen. Dennoch sind die Kredite der EIB ein unverzichtbares Mittel, um die lokale Wirtschaft in den Konvergenzregionen Europas anzukurbeln. Aktuelle Großprojekte, wie der Bau neuer Autobahnen in Polen, wären ohne die EIB gar nicht realisierbar gewesen. Ost- und Südosteuropa ist ein wachsendes Betätigungsfeld für die EIB. 2010 wird mit Krediten der EIB verstärkt in der Türkei, Serbien und Kroatien investiert. So schafft die große unbekannte Bank der EU schon heute dort Fakten, wo man erst morgen einen möglichen EU-Beitritt diskutiert.

Profit ist Nebensache

Neben Transport- und Bauprojekten finanziert die EIB in Zukunft auch zunehmend Bau-Projekte für den Klimaschutz in Europa. Zuletzt entstand eine große Photovoltaikanlage in Brandenburg, erzählt Kollatz-Ahnen. "Für das Jahr 2010 werden insbesondere Offshore-Windparks im Mittelpunkt stehen, die ja in Deutschland auch eine große Rolle spielen."

Konvergenz, Klimaschutz und die Innovation kleinerer und mittlerer Unternehmen – das sind die Vorgaben der EU an ihre EIB für 2010. Profitmargen sollen auch zukünftig eher nebensächlich bleiben, Finanzspekulationen bleiben ganz aus. Diese Strategie ist auch ein Grund dafür, weshalb die EIB als eine der welt-größten Banken von der jüngsten Krise verschont geblieben ist. "Vor einem Jahr wurden wir deshalb in einem Zeitschriftenartikel mal die 'langweiligste Bank Europas' genannt", erzählt Kollatz-Ahnen. Er hätte sicher nichts dagegen, wenn das so bleibt.

Autor: Samuel Jackisch

Redaktion: Monika Lohmüller