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Ein düsterer Tag für Griechenland

16. Juni 2011

In dem von der Schuldenkrise gebeutelten Griechenland will Ministerpräsident Papandreou nun seine Regierung umbilden, um den Reformkurs abzusichern. Das Land ist so gut wie handlungsunfähig, meint Spiros Moskovou.

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Bild: DW

Es war ein düsterer Tag für Griechenland. Nicht wegen des Generalstreiks, der sich gegen die harten Einsparungen richtete und das öffentliche Leben lahmlegte. Nicht wegen der Belagerung des Parlaments von Wutbürgern, die die anfahrenden Abgeordneten und Minister beschimpften. Nicht einmal wegen der Randale vermummter Demonstranten mit der Polizei im Zentrum Athens. Es war ein düsterer Tag, weil die politische Elite des Landes ihre beispiellose Unfähigkeit, die Pleite Griechenlands auch im letzten Moment abzuwenden, zum wiederholten Mal geradezu demonstriert hat.

Spiros Moskovou
Spiros Moskovou

Der Regierung des Sozialisten Giorgos Papandreou mit der langsam, aber sicher zusammenschmelzenden parlamentarischen Mehrheit geht in einem kritischen Moment die Puste aus. Athen wird schon im Juli pleite sein, wenn bis dahin keine konkreten Beschlüsse zur Schließung eines klaffenden Lochs von 6,4 Milliarden Euro im diesjährigen Etat getroffen werden. Ohne diese Beschlüsse wird Griechenland die vorgesehenen internationalen Kredite nicht erhalten.

Jetzt versuchte Papandreou, aus der Not eine Tugend zu machen und wenigstens die größte Oppositionspartei, die Nea Dimokratia des konservativen Antonis Samaras, ins Boot zu holen. Ohne eine Koalitionsregierung mit der zweitstärksten Partei kann die regierende PASOK weder die notwendigen Privatisierungen forcieren, noch die grassierende Steuerhinterziehung eindämmen.

Sogar einen Verzicht auf den Ministerpräsidentenposten soll Papandreou bei den wiederholten Telefonaten mit Samaras am Mittwoch (15.06.2011) in Erwägung gezogen haben. Daraus wurde nicht viel. Der Oppositionsführer interpretierte das Angebot als Rücktritt Papandreous und verlangte eine Neuverhandlung der getroffenen Kreditvereinbarungen mit der EU, der EZB und dem IWF, bevor er an einer Regierung der "nationalen Einheit" - ohne Papandreou als Ministerpräsidenten versteht sich - teilnimmt. Papandreou musste zurückrudern und hat nun eine Umbildung seiner PASOK-Regierung und eine anschließende Vertrauensfrage im Parlament angekündigt.

Dementsprechend war das vorherrschende Thema in den unzähligen griechischen Talkshows am Mittwoch Abend, ob Papandreou mit seinem Koalitionsangebot geblufft hat oder nicht und ob er mit seiner umzubildenden Regierung die PASOK wieder um sich scharen kann. Das eigentliche Thema, ob nämlich die PASOK oder die Nea Dimokratia die besseren Vorschläge für Kürzungen oder Mehreinnahmen für die fehlenden 6,4 Milliarden Euro hat, wurde marginalisiert. Und so merken die sonst in Fragen der nationalen Souveränität so empfindlichen Griechen gar nicht, dass die wegweisenden Entscheidungen für ihr Land schon wieder woanders getroffen werden: nämlich am Freitag in Berlin beim Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Athen schafft es immer noch nicht, seine Zukunft verantwortungsvoll mit zu gestalten.

Autor: Spiros Moskovou
Redaktion: Julia Elvers-Guyot