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Ein Euro-Säckchen pro Bürger

Sylvie Stephan14. Dezember 2001

Seit Null Uhr gibt es in Frankreich die ersten Euro-Münzen. 53 Millionen Euro Starter Kits liegen bereit. Finanzminister Laurent Fabius empfahl den Franzosen, sich jeweils mit einem Euro-Säckchen zu begnügen.

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Sind Euros in französischen Tabakläden gefragter als Zigaretten?Bild: AP

Euro für Franc

Er ist es wirklich, auch wenn er so wirklich nicht wirkt. So neu und glänzend mit seinen zwölf kleinen Sternchen, der Europa-Karte und der geschwungenen Zahl. Der Euro, der in gut zwei Wochen die gemeinsame Währung für mehr als 300 Millionen EU-Bürger sein wird, ist in Frankreich bereits Realität. Schon um kurz nach Null Uhr konnten ihn die ersten Franzosen in der Hand halten und die ein und zwei Euro-Stücke sowie die verschiedenen Cents umdrehen, fühlen und bestaunen. 40 Münzen im Wert von 15,25 Euro enthält das Starterpäckchen.

Der Euro bringt Glück

Doch anders als in den Niederlanden, wo die Euros gratis ausgegeben werden, kostet das Münzsäckchen beziehungsweise der Kit-Euro, wie sie hier sagen, 100 Franc. Und weil 100 Franc genaugenommen 15,24 Euro wert sind, erhält jeder Bürger immerhin einen Cent geschenkt. Ausgegeben werden ab Freitag (14.12.2001) insgesamt 53 Millionen dieser Euro-Beutel von Post, Banken, Finanzbehörden und Tabakverkaufstellen. In einigen Geschäften wurden die Münzen allerdings schon am Vortag ausgepackt, allerdings nur für das Auge. "Sie sehen aus wie Schokoladentaler", sagt die Tabakverkäuferin zu ihrer Kundin und diese fragt: "Darf ich einmal anfassen? Man muss sich etwas wünschen, wenn man den Euro anfasst."

Polizei bewacht Tabakverkäufer

Noch vor allen anderen erhielten allerdings 30 Grundschüler in Paris die Euro-Säckchen. Finanzminister Laurent Fabius verteilte sie am Mittwoch persönlich an die Kinder. "Der Euro ist wunderschön", sagt ein Kind, "außerdem ist er ein Geschenk des Finanzministers". Den übrigen Franzosen empfahl Laurent Fabius, sich jeweils mit einem Euro-Säckchen zu begnügen, denn sonst könnte es knapp werden. Während sich die Post an diese Devise hält, wollen einzelne Banken dagegen bis zu zehn Euro-Kits ausgeben. Auf starken Zulauf richten sich alle ein, auch die Tabakverkäufer haben sich gewappnet. Denn sie waren die ersten, die die Münzen an die Bürger heute Nacht ausgeben konnten, zumindest diejenigen, die 24 Stunden über geöffnet haben. Aus Sicherheitsgründen seien für sie daher besondere Maßnahmen ergriffen worden, sagt Michel Arnaud, Vorsitzender des Verbandes der Tabakverkäufer: "Wir haben natürlich unsere Vorkehrungen getroffen mit einem sogenannten Euro-Sicherheitsplan. Gendarmen und Polizisten überwachen die Tabakgeschäfte, auch wenn freilich niemand eine hundertprozentige Sicherheit garantieren kann, sie sind auf jeden Fall in unserer Nähe."

Streik gegen den Euro, um mehr Euro zu bekommen?

Gestört werden könnte die Ausgabe der ersten Euro-Münzen jedoch möglicherweise durch einen Streik. Denn mehrere Gewerkschaften haben die Angestellten der Post und der französischen Zentralbank dazu aufgerufen, heute die Arbeit niederzulegen, um ihren Forderungen nach höheren Gehältern und mehr Personal Nachdruck zu verleihen. Traditionell nehmen die Gewerkschaften in Frankreich hierfür gerne großen Ereignisse zum Anlass, da die Erfolgchancen bei hoher öffentlicher Aufmerksamkeit größer sind. Auch für den 2. Januar haben die Bank-Gewerkschaften übrigens mit landesweiten Streiks gedroht, also für den Tag nach der offiziellen Einführung der Euro-Münzen und -Scheine. Noch ist allerdings unklar, ob es überhaupt so weit kommen wird. Denn meistens gibt die Regierung in solchen Fällen schnell nach. Wer heute dennoch kein Euro-Säckchen mehr bekommen sollte, braucht jedenfalls nicht zu verzagen. Denn zahlen kann man mit den Münzen ohnehin erst ab 1. Januar, und dann gibt es den Euro an jedem Geld-Automaten.