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"Ein gefährliches Spiel"

4. August 2004

- Prominenter Vertreter der deutschen Minderheit des Oppelner Gebiets im Feuer der Kritik

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Oppeln, 2.8.2004, NOWA TRYBUNA OPOLSKA, poln.

Gespräch mit Dr. Danuta Berlinska, Sozilogin am Schlesischen Institut

Frage:

Nach Ansicht der Räte aus Strzelce Opolskie (Groß Strelitz), die dem Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) angehören, vertritt Professor Gerhard Bartodziej (prominenter Vertreter der Deutschen Minderheit – MD) antipolnische Ansichten und sollte deswegen den Posten des Ratsvorsitzenden räumen. Sie waren bei der Sitzung am vergangenen Donnerstag (29.7.) anwesend. Ist es den Räten gelungen, den Vorwurf zu untermauern?

Antwort:

Die Art und Weise, wie die Vorwürfe erhoben wurden, erinnerte an die Zeiten der Volksrepublik Polen und das Motto: "Zeige mir einen Menschen und ich werde schon etwas gegen ihn finden". Die Grundlage für diese Vorwürfe ist der Text einer Erklärung von Gerhard Bartodziej, der aus der Zeit vor drei Jahren stammt sowie die Tatsache, wie dieser Text von einer Journalistin der Zeitschrift "Tygodnik Solidarnosc" interpretiert wurde. Es gab überhaupt keine konstruktive Diskussion, sondern Beschimpfungen, die Suche im Lebenslauf und Vorwürfe bezüglich der Vergangenheit etc.

Frage:

Professor Bartodziej nahm an dieser Sitzung nicht teil und könnte sich deswegen zu den Beschimpfungen wie z.B. "Denunziant vom Staatssicherheitsdienst", oder "Nazi" nicht äußern. Versuchte jemand außer Ihnen, die verbalen Beleidigungen zu dämpfen?

Antwort:

Zum Glück war es nicht ein einstimmiger Chor des Hasses, obwohl ich sagen muss, dass dieser Chor sehr laut war und diejenigen zu überstimmen versuchte, die anderer Meinung waren. Es gab Leute wie Jan Zubek vom Verband Großstrelitzer Land, oder Hubert Beier, die versuchten, diese Auseinadersetzung auf die Ebene der Tatsachen zu bringen. Während des heftigen Streits erinnerte ich mich an die Feststellung, dass die Erinnerung an Naziverbrechen sehr warm sei und die an die Verbrechen aus der Stalinzeit kalt. Aus diesem Grunde rufen die Forderungen von Professor Bartodziej, die ganze Wahrheit über das Schicksal der Deutschen aus der Region nach dem Zweiten Weltkrieg ans Tageslicht zu bringen, bei manchen heftige Reaktionen hervor. Das wundert mich übrigens nicht, weil das Wissen über Verbrechen, die vom Staatssicherheitsdienst im Kommunismus an Polen begangen wurden, auch sehr gering ist. (...)

Frage:

Karieren in Polen werden mit Hilfe von Angst konstruiert, und zwar der Angst vor dem freien Markt und vor den Deutschen. Wenn solch ein Skandal von den Räten der SLD hervorgerufen wird, könnte man annehmen, dass sie auf diese Weise um Stimmen kämpfen?

Antwort:

Die SLD macht eine tiefe Krise durch, und zwar nicht nur in der Region Opole. Die Aktivisten dieser Partei versuchen einerseits nicht zuzulassen, dass weitere Affären ihrer Spitzenpolitiker publik werden. Andererseits jedoch ist der Versuch, Professor Bartodziej auf diese Weise aus dem Amt zu entfernen, auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Polen Ängste haben, die durch die Aktivitäten der "Preußischen Treuhand" oder von Erika Steinbach geschürt werden. Das ist aber ein gefährliches Spiel, das ethnische Spannungen in unserer Region entflammen kann. Man sucht nach einem Vorwand, um auf der lokalen Ebene die Macht zu erobern und gleichzeitig, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von der Korruptionsaffäre in Opole, die immer größere Wellen schlägt, abzulenken.

Frage:

Wenn Professor Bartodziej eine Klage gegen die Zeitschrift "Tygodnik Solidarnosc" erheben würde, könnte er sich auf diese Weise verteidigen ?

Antwort:

Das ist der einfachste Weg. Andererseits verstehe ich Professor Bartodziej sehr gut und zwar im Hinblick auf die Tatsache, dass Leszek Moczulski zwölf Jahre auf ein Urteil (...) warten musste. (sta)