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Glücksgriff für das Kinderbuch

19. März 2010

Ob es um Familie, Geschlechterrollen oder Rassismus geht: Kein Thema ist Kirsten Boie fremd. Mit Humor und Ironie greift sie es seit 25 Jahren in ihren Kinderbüchern auf. Am 19. März wurde die Autorin 60 Jahre alt.

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Deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin Kirsten Boie im Portrait, die am 19. März 60 Jahre alt wird. Das Foto wurde der Deutschen Welle vom Hamburger Oetinger Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Ansprechpartner: Nicole Hartmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Xenos Verlagsgesellschaft mbH, Poppenbütteler Chaussee 53 22397 Hamburg,Tel. +49 (0)40/607 909-724.
Bild: Verlag Friedrich Oetinger

Zwei Ziele waren Kirsten Boie in ihrem Leben wichtig: Sie wollte eigene Kinder haben und als Lehrerin mit Kindern arbeiten. Doch beides war vor 25 Jahren für sie nicht möglich. Als sie ihren ersten Sohn adoptierte, musste sie als Lehrerin beruflich pausieren. So verlangten es die zuständigen Behörden. "Doch weil für mich immer Familie und Beruf zusammengehörten, habe ich gegrübelt, was ich denn nun tun könnte", erzählt Kirsten Boie. Als sie ihrem Sohn die Flasche gab, waren sie plötzlich da, die ersten Sätze ihres ersten Kinderbuches.

"Paule ist ein Glücksgriff" war nicht nur für Boie, sondern auch für den Hamburger Oetinger Verlag ein Glücksgriff. Die humorvoll geschriebene Adoptionsgeschichte wurde sofort ein Erfolg. Über 60 weitere Bücher folgten. Die meisten wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, viele prämiert. 2007 erhielt Boie für ihr Gesamtwerk den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises, 2008 den Großen Preis der Akademie für Kinder- und Jugendliteratur.

Immer aus Sicht der Kinder

Deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin Kirsten Boie in ihrer Wohnung in Hamburg vor einer großen Auswahl ihrer im Oetinger Verlag veröffentlichten Kinderbücher. Das Foto wurde der Deutschen Welle vom Hamburger Oetinger Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt.Copyright Paula Markert.
Kirsten Boie mit ihren BüchernBild: Verlag Friedrich Oetinger

In ihren Romanen hat die Autorin kaum ein Thema ausgelassen, das Kinder und Jugendliche beschäftigt. Spannende Phantasiegeschichten und historische Romane gehören ebenso zu ihrem Repertoire wie humoristische Alltagserzählungen über Familie, Tiere und Kinderfreundschaften. Doch auch vor schwierigen Themen wie Mobbing, Rechtsextremismus oder Depressionen schreckt sie nicht zurück.

"Entscheidend für einen Kinderbuchautor ist es, sich in die Gefühlswelt der Kinder einfinden zu können", sagt Boie im Gespräch mit der Deutschen Welle. Dabei habe ihr die Erinnerung an die eigene Kindheit geholfen, aber auch die Erziehung ihrer beiden Kinder. Deren Erfahrungen und Sicht auf die Welt seien in die Bücher eingeflossen. Über ihren Alltag und ihre geheimen Wünsche schreibt Kirsten Boie ohne moralischen Zeigefinger. Und die ähneln sich: ob in Europa, Amerika oder Asien. So werden ihre Bücher auch in vielen anderen Ländern gelesen.

Gesellschaftskritik mit Humor

Junge Besucher auf der Leipziger Buchmesse 2009 2 Zulieferer: Anke Rasper Redakteurin/ Producer English Service / Englisches Programmtel ++49-(0)228-429-4576
Hauptsache Bücher: Boie will Kinder früh ans Lesen heranführenBild: Jodi Breisler

Dabei behält Boie beim Schreiben vor allem die deutschen Kinder im Blick. Ihre Welt will sie darstellen. "Wenn die Geschichten international auch funktionieren, freue ich mich, doch das ist nicht mein Ziel." Boie versteht sich bewusst als deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin. Sie will die Themen der Kinder in Deutschland aufgreifen, unvoreingenommen und vor allem "ohne besondere pädagogische Zielsetzungen". Daher hat sie auch keine Berührungsängste mit "schlimmen Wörtern" oder starken Emotionen.

Romane wie "Jenny ist meistens schön friedlich", "Man darf mit dem Glück nicht drängelig sein" oder "Mit Kindern redet ja keiner" spielen teils in zerrütteten Familienverhältnissen, die Boie aber völlig unaufgeregt schildert. Ihre Gesellschaftskritik verpackt sie in Ironie und Humor. Denn bei aller Ernsthaftigkeit der Themen ist Kirsten Boie vor allem eins wichtig: Sie möchte, dass Lesen Spaß macht.

Schauplatz Hamburg

Das russische Schiff Kruzenshtern Mir passiert am Donnerstag, 9. Mai 2002 waehrend der traditionellen Einlaufparade anlaesslich des 813. Hafengeburtstages die Landungsbruecken in Hamburg. Der Hafengeburtstag wird bis Sonntag, 12. Mai 2002 gefeiert. (AP Photo/Fabian Bimmer)
Hamburg bildet die Kulisse für ihre RomaneBild: dpa

Eine Erfahrung, die Kirsten Boie wichtig ist, weil sie sie selbst als Kind gemacht hat. In ihrem wohl persönlichsten Buch "Monis Jahre" erzählt sie von ihrer Kindheit in den fünfziger Jahren in Hamburg, als sie, behütet und aus kleinen Verhältnissen stammend, die Oberschule besuchen durfte und sich ihr die Welt der Bücher erschloss.

Auch in ihrem jüngsten Buch, "Ringel, Rangel, Rosen", das kurz vor dem 60-jährigen Geburtstag der Autorin erschien, bildet Hamburg die Kulisse für eine schwierige Jugendzeit. Dieses Buch sei eine ihrer größten Herausforderungen gewesen, sagt Boie. Denn hier verknüpft sie die Aufarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit mit der Hamburger Sturmflut im Jahr 1961. Es habe viele Spaziergänge gebraucht, bis ihr die Handlung klar gewesen sei, erzählt die Autorin.

Doch das habe ihr nicht die Freude am Schreiben verdorben. Im Gegenteil. "Mit 60 Jahren werde ich als Autorin nicht in Rente gehen", versichert sie. "Dazu habe ich noch zu viele Ideen für neue Kinder- und Jugendbücher."

Autorin: Sabine Damaschke

Redaktion: Gabriela Schaaf