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Ein Held unter Bösen

Daniel Scheschkewitz 11. Februar 2005

Max Schmeling war nicht nur der erste, der dem US-Superboxer Joe Louis eine Niederlage beibrachte, er galt den Amerikanern auch als vorbildlicher Sportsmann und wegen seiner Distanz zu den Nazis als guter Mensch.

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Daniel Scheschkewitz

Nicht vielen Menschen, und schon gar nicht vielen Nicht-Amerikanern ist ein ausführlicher Nachruf in der "New York Times", der angesehensten Tageszeitung Amerikas, vergönnt. Zum Tod von Max Schmeling gruben die Redakteure tief in den Archiven und förderten viel Schmeichelhaftes, aber auch Kritisches zu Tage.

Charakterfester Mensch

Demnach war Schmeling nicht nur ein feiner Sportsmann, der seinem Gegner Joe Louis, der ihn bei einem Revanche–Kampf für die 1936 erlittene Niederlage immerhin krankenhausreif schlug, ein Leben lang in Freundschaft verbunden blieb. Schmeling war auch ein charakterfester Mensch, der zum Unrechtssystem der Nazis soweit wie möglich Distanz hielt. Dabei hatte Schmeling eine Gratwanderung zu begehen. Die Nazis wollten ihn als lebenden Beweis für die rassische Überlegenheit des Ariers gegen den schwarzen Superboxer Louis. Und als Propagandainstrument gegen den Kriegsgegner Amerika.

Hitler ordnete persönlich die Vorführung der Aufzeichnung seines Siegs gegen Louis im Juni 1936 in den deutschen Kinos an - unter dem Titel "Schmelings Sieg – ein deutscher Sieg". Aber, auch darauf wiesen die US-Medien am letzten Wochenende nach Schmelings Tod hin, Schmeling ließ sich nur sehr bedingt vereinnahmen. Zwar distanzierte er sich in den US-Medien während der Hitler-Diktatur niemals von den Nazis, besuchte auch mehrere der notorischen Parteitage in Nürnberg. Aber genauso blieb Schmeling seinem jüdischen US-Manager Joe Jacobs sehr zur Verärgerung der Nazis weiterhin treu verbunden.

Kritisch zur Nazi-Vergangenheit

In einem Nachruf des öffentlichen US-Radiosenders NPR wurde daran erinnert, wie Schmeling in der Reichspogromnacht die jüdischen Kinder eines alten Freundes vor den Nazischergen versteckt hielt. Schmeling habe seinen Ruhm und seine Bedeutung für die Nazis geschickt im Sinne der Humanität einzusetzen verstanden, hieß es. Und anders als die Mehrzahl der Deutschen, so lobten die US-Medien, habe sich Schmeling nach dem Ende der Nazi-Herrschaft zum Wissen über die Verbrechen des Regimes bekannt und sich kritisch mit der Vergangenheit auseinander gesetzt.

Der Respekt für Schmeling gipfelte in dem Lob des Senders NPR, Schmeling sei "ein Held unter lauter Teufeln" gewesen. Vielleicht erinnert sich Amerika auch deshalb so gerne an die deutsche Boxlegende, weil Schmeling sich auch auf die Vorliebe dieses Landes für das Showbiz verstand. Schmeling tauchte bereitwillig auf, als Frank Sinatra eine Benefizgala für seinen in Not geratenen Gegner von einst, Joe Louis, organisierte. Und als die TV–Show "This is my Life" den greisen Louis kurz vor seinem Tod im Jahr 1981 porträtierte, war der zum Freund gewordene Widersacher ebenfalls zur Stelle.

Coca-Cola-Lizenz

Max Schmeling hatte den USA viel zu verdanken. Nicht nur erlebte er hier im Yankee Stadium in New York den größten Triumph seiner Laufbahn. Die Distributionsrechte für den amerikanischsten aller Drinks, Coca Cola, in Deutschland machten aus Schmeling nach dem Zweiten Weltkrieg auch einen wohlhabenden Mann.