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Wichtigstes Zentrum der Kopten in Deutschland

Günther Birkenstock15. August 2013

Kopten sind Angehörige der altorientalischen christlichen Kirche in Ägypten und dem Sudan. Mehrere tausend Kopten sind nach Deutschland geflohen. In Hessen liegt ihr geistliches Zentrum.

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Außenansicht des Koptischen Klosters Kröffelbach Foto: Koptisches Kloster Kröffelbach
Bild: Koptisches Kloster Kröffelbach

Grün und ruhig ist es in und rund um Kröffelbach. Die kleine hessische Gemeinde im Norden des Naturparks Taunus hat knapp 800 Einwohner. Rund 60 Kilometer Richtung Süden liegt Frankfurt. Bis zur alten Reichstadt Wetzlar sind es nur 15 Kilometer in der Gegenrichtung.. Dichter Wald begrenzt die eine Seite des Dorfs. Direkt neben dem Koptischen Kloster plätschert sanft der Mühlbach dahin. Andächtige Stille erwarte man auch in der Klosterkirche, doch das Gegenteil ist der Fall. Etwa 100 Gläubige sitzen an diesem Sonntagmorgen auf den Kirchenbänken. Sie wirken sehr entspannt. Einige machen Fotos mit ihrem Handy oder nehmen damit ein kurzes Video auf. Dutzende Kinder sitzen oder liegen zwischen den Erwachsenen. Viele der Kleinen laufen zwischen den Bankreihen umher. Niemand hier stört sich daran. Ein buntes Treiben, während vorne der Abt mit seinen Assistenten die Messe zelebriert.

Gottesdienst mit teilnehmenden Kindern auf den Kirchenbänken. Foto: Günther Birkenstock Foto: Guenther Birkenstock / DW 28.5.2013 in Kröttelbach, Deutschland.
Kinder sind gern gesehen im KlosterBild: DW/G.Birkenstock

Viel Emotion, viel Gelassenheit

"Kinder sind gerne gesehen", erklärt mir der 74-jährige Ibrahim Fouad. Bis zu seinem Ruhestand war er Professor für Sozialgeographie an der Universität Bayreuth - im Kloster unterrichtet er seit elf Jahren Bibel-Geographie . Außerdem sei das mit Kindern auch gar nicht anders machbar, sagt Fouad mit freundlich-verständnisvoller Miene. Vier Stunden Messe am Stück halte niemand durch. Und wenn die Kinder schreien und umherlaufen, dann müsse man das dulden, weil die Mütter sonst gar nicht am Gottesdienst teilnehmen könnten. Ebenso wenig wie der Kinderlärm, stört es hier jemanden, wenn die Erwachsenen sich vor der Kirchentür kurz die Beine vertreten, während drinnen die Messe weiter geht.

Ibrahim Fouad, Lehrer im Kloster Kröffelbach Foto: Günther Birkenstock Foto: Guenther Birkenstock / DW 28.5.2013 in Kröttelbach, Deutschland.
Ibrahim Fouad unterrichtet Bibel-GeographieBild: DW/G.Birkenstock

Trotz der allgemeinen Gelassenheit findet im und vor dem Altarraum eine emotionsreiche Liturgie statt. "Hier ist sehr viel Bewegung", sagt Ibrahim Fouad. Der Abt zieht in einer Prozession mit seinen Messdienern durch die Kirche, vorbei an zahlreichen Heiligenbildern. Dichter Weihrauchnebel erfüllt den Raum. Bibeltexte werden von jungen Kopten gesungen und gleichzeitig auf einem Bildschirm in deutscher und arabischer Sprache als Fließtext gezeigt. Nach der gestenreichen Heiligung von Brot und Wein und dem Abendmahl, an dem auch die Kinder teilnehmen, treffen sich alle Gottesdienstteilnehmer im Untergeschoss der Kirche, um gemeinsam zu essen.

Glauben leben und Freunde treffen

An jedem Sonntag ist das sonst sehr stille Kloster ausgesprochen belebt. Gläubige Kopten fahren jedes Wochenende teils mehrere hundert Kilometer, um an der Messe teilzunehmen - und um Freunde und Bekannte zu treffen. Auch Erini Abdelmasih kommt Sonntag für Sonntag nach Kröffelbach. Für die 24-jährige Kriminologie-Studentin aus Gießen ist der Klosterbesuch ein selbstverständlicher Teil ihres Lebens. Ihre Eltern stammen aus dem Sudan, sie selbst ist in Deutschland aufgewachsen. "Wir sind groß geworden mit diesem Glauben und mit dem wöchentlichen Dasein in der Kirche", sagt die junge Frau. "Wenn man das nicht macht, fehlt es irgendwie." Auch regelmäßige Gebete gehören zum Alltag von Erini Abdelmasih, von morgens bis Mitternacht.

Auf dem Bild: Gottesdienst-Prozession mit teilnehmenden Kindern Foto: Guenther Birkenstock / DW
Ausführliche Prozession während der MesseBild: DW/G.Birkenstock

Für die 26-jährige Diplom-Betriebswirtin Christin Basta ist das Kloster ein ganz besonderer Ort. "Hierhin kann ich kommen, um stille Zeit zum Arbeiten zu haben oder auch, wenn ich einfach nur Ruhe brauche." Neben ihrer Wirtschaftsausbildung hat Christin Basta in Kröffelbach mehrere Jahre Theologie studiert. "Das habe ich gemacht, damit ich weiß, warum ich Kopte bin", erklärt die junge Frau. Im Kloster fühle sie sich wie in einer großen Familie. Inzwischen gibt sie den Kindern sonntags nach der Messe Religionsunterricht. Auch der ist selbstverständlicher Teil des Wochenendes und stößt auf lebhaftes Interesse.

Auf dem Bild: Christin Basta, gläubige Koptin und Klosterschülerin. Foto: Guenther Birkenstock / DW 28.5.2013 in Kröttelbach, Deutschland.
Das Kloster - für Christin Basta eine große FamilieBild: DW/G.Birkenstock

Stille Atmosphäre und ein günstiger Preis

Dass gerade die kleine Taunus-Gemeinde zum spirituellen Zentrum der Kopten wurde, hat einen denkbar einfachen Grund, sagt Ibrahim Fouad. In den 1970er Jahren wurde die Koptische Kirche Deutschlands in Frankfurt gegründet, 1980 sei das Koptische Kloster in Kröffelbach entstanden: "Die Kopten in Frankfurt haben nach einem Platz gesucht, wo sie für sich ein Zentrum einrichten konnten. Hier im Taunus fanden sie ein Grundstück, das idyllisch lag und zudem erschwinglich war." Sieben Mönche und drei Novizen leben heute in Kröffelbach. Ein weiteres koptisches Kloster liegt im nordrheinwestfälischen Brenkhausen, Kröffelbach aber ist das anerkannte Zentrum der Gläubigen.

Auf dem Bild: Bildschirm in der Kirche, der vorgelesene Bibelzitate auf deutsch und arabisch zeigt. Foto: Guenther Birkenstock / DW 28.5.2013 in Kröttelbach, Deutschland.
Bibel-Zitate im Kloster auf deutsch und arabischBild: DW/G.Birkenstock

In den 1960er und 1970er Jahren war es vor allem die ägyptische Elite, die ihre Kinder auf europäische Schulen schickten. Später flohen mehr und mehr Kopten aus Ägypten und dem Sudan vor Repressionen der autokratischen Herrscher in ihrer Heimat, Hosni Mubarak und Umar al Baschir. Zwischen sieben und acht tausend Kopten sollen heute in Deutschland leben. Eine Schätzung, denn genaue Zahlen gebe es nicht, sagt Ibrahim Fouad.

Anziehungspunkt für viele

Das koptische Kloster in Kröffelbach ist weit über Hessen hinaus bekannt. So kommen nicht nur christliche Pilgergruppen aus der Umgebung, die einen Blick auf diese Form des Christentums werfen wollen. Auch Neugierige aus anderen Regionen Deutschlands und Europas sind gern gesehene Gäste. Die viele Kopten aus anderen Ländern erst recht. Inzwischen hat man neben dem Kloster ein Besucherzentrum errichtet. Bis zu 400 Personen können hier übernachten.

2. Koptisches Kloster Kröffelbach, Außenansicht des Klosters mit Jugendlichen auf Bänken Copyright: Koptisches Kloster Kröffelbach Nur zum Bericht über das Kloster zu verwenden.
Das Kloster ist ein wichtiger Ort, um Freunde und Bekannte zu treffenBild: Koptisches Kloster Kröffelbach

Am Sonntagnachmittag brechen die ersten Gottesdienst-Besucher wieder auf. Auf viele wartet ein langer Heimweg. Doch der Abschied von Freunden und Bekannten ist keiner für lange Zeit. Die meisten werden sich wohl am kommenden Wochenende wieder sehen, zum Gottesdienst, zum Feiern und zum Austausch und zum Austausch im Koptischen Kloster in Kröffelbach.