1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ein Lächeln gezaubert

Oliver Samson19. September 2002

Am Mittwoch (18.9) wurde in Manchester Geschichte geschrieben: Mit Maccabi Haifa trat erstmals eine israelische Mannschaft in der Champions League an.

https://p.dw.com/p/2fw7
Mit größtem Vergnügen:<br>Maccabi HaifaBild: AP

Dem Spiel gegen Manchester United wurde in Israel regelrecht entgegengefiebert. Selbst eine Pressekonferenz aus Manchester wurde live ausgestrahlt. Was vom Gegner zu halten wäre, wollten die israelischen Journalisten von Uniteds Trainer-Legende wissen und Alex Ferguson ließ sich nicht lange bitten. Er habe sich Videos angeschaut, man dürfe Maccabi Haifa nicht unterschätzen, meinte der Trainer im Brustton der Überzeugung. Schließlich hätten diese im letztjährigen Uefa-Cup Lokomotive Moskau, den AC Parma und sogar den großen AC Milan geschlagen. Es folgte eine peinliche Stille. Ferguson hatte Maccabi Haifa mit dem Erzrivalen Hapoel Haifa verwechselt - und sich schlicht auf die falsche Mannschaft vorbereitet.

Quantensprung

Die angereisten israelischen Journalisten waren tief enttäuscht. Sie hatten damit gerechnet, endlich ernstgenommen zu werden - galt doch für ganz Israel die Qualifikation Maccabi Haifas für die Königsklasse des Fußballs als Quantensprung historischen Ausmaßes. 3:3 hatte Maccabi in einem wüsten Kick mit drei Roten Karten im Grazer Arnold-Schwarzenegger-Stadion (!) gegen den dortigen AK gespielt, was die Qualifikation bedeutete. Die Tränen flossen reichlich. "Gerade jetzt, wo unser Land so sehr leidet, war es uns das größte Vergnügen, ein Lächeln auf das Gesicht so vieler Israelis zu zaubern", wie Mittelfeldregisseur Giovanni Rosso die Gefühlslage auf den Punkt brachte.

Allzu oft hatte dies der israelische Fußball zuvor noch nicht geschafft. Nach wie vor gilt Basketball als der eigentliche Nationalsport Israels. Als Maccabi Tel Aviv im letzten Jahr den Basketball-Europokal gewann, war dies ein nationaler Festtag. Über 100.000 Anhänger machten in Tel Aviv die Nacht zum Tage. Im Fußball waren solch kollektiven Freudenausbrüche bisher kaum vorstellbar – nicht zuletzt weil ähnliche Erfolg wie im Basketball bisher ausblieben. 1970 konnte sich die Nationalmannschaft zwar für die Weltmeisterschaft in Mexiko qualifizieren, doch dann wurde es um den israelischen Fußball mehr als zwanzig Jahre sehr, sehr still. Seit Mitte der 1990er Jahre geht es aber aufwärts. Israelische Jugend-Auswahlen sind seitdem bei Europa-Meisterschaften regelmäßig auf den vorderen Plätzen zu finden und eine ganze Reihe von Spielern konnten inzwischen bei Clubs der Top-Ligen in Italien, Spanien und England anheuern. Vollkommen überraschend kommen die Erfolge von Hapoel im letzten und Maccabi Haifa in diesem Jahr also nicht.

Heimspiel in Nikosia

Diese sind umso höher einzuschätzen, weil noch kein israelischer Verein in den europäischen Wettbewerben ein Heimspiel im eigentlichen Sinn austragen konnte. Aus Sicherheitsgründen dürfen die Spiele nach UEFA-Anordnung nicht in Israel stattfinden. Maccabi wich bisher nach Sofia und in das zypriotische Nikosia aus – und spielte dort vor wenigen hundert Fans statt im heimischen Nationalstadion vor über 40.000 Zuschauern.

In Israel mag die Zwangs-Verlegungen so recht niemand verstehen. Die Sicherheitskontrollen sind seit Jahren vor jedem Spiel sehr streng. Noch nie ist eine Partie Ziel eines Anschlages gewesen und in der Basketball Europa-Liga kommen die Spitzenteams vollkommen selbstverständlich zu den Auswärtsspielen nach Israel, lautet eines der israelischen Argumente. Doch die UEFA blieb hart. Aus Sicherheitsgründen "wäre es im Moment falsch in Israel zu spielen", so UEFA-Sprecher Mike Lee. Eine andere Entscheidung werde erst für die Zwischenrunde in Erwägung gezogen.

"Ein Traum"

Dann ist die Champions-League für die Israelis aller Wahrscheinlichkeit nach aber längst Geschichte. Mit Bayer Leverkusen, Manchester United und Olympiakos Piräus erwischten die Israelis "die schwerste aller Gruppen", wie Club-Präsident Ya'acov Schahar meint. Maccabi dürfte chancenlos sein. "Gegen Kaliber wie Manchester zu spielen ist der Traum jedes israelischen Spielers", meint Schahar. "Doch nun müssen wir aufwachen und zeigen, dass auch wir Fußball spielen können." Das können die Maccabi-Spieler ganz sicher - jedoch nicht ganz so gut wie ihre englischen Gegner. Zwar dürfte Israel nach der zwischenzeitlichen Führung in Manchester gelächelt haben, nach 90 Minuten stand es aber 5:2 für United.