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Ein Motor ohne Treibstoff?

Gérard Foussier 31. Juli 2002

Um die deutsch-französischen Beziehungen ist es still geworden. Zuerst waren die Franzosen von einer Serie von Wahlen abgelenkt, jetzt sind die Deutschen dran. Eine Analyse von Gérard Foussier.

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Routine oder Aufbruch: die Beziehungen zwischen Paris und BerlinBild: AP

Viel war nicht über die deutsch-französischen Beziehungen in den letzten Monaten aus Paris zu erfahren. Frankreich war zu sehr mit Präsidentschafts- und Parlamentswahlen und mit der Bildung seiner neuen Regierung beschäftigt - also mit französischer Innenpolitik. Nun stehen die Deutschen vor einer wichtigen Bundestagswahl - also mitten in einem von innenpolitischen Themen besetzten Wahlkampf.

Trotzdem knattert der deutsch-französische Motor immer wieder im politischen Tagesgeschäft beider Länder vor sich hin, als wäre die viel beschworene Normalität zwischen den ehemaligen Erbfeinden doch nicht etwas ganz Normales. Immer noch brauchen Frankreich und Deutschland die Symbolkraft der besonderen Behandlung.

Deutsch-französische Beziehungskrise?

Vor einigen Tagen überreichte Staatspräsident Chirac dem Kanzlerkandidaten von CDU/CSU, Edmund Stoiber, in Paris den Orden eines Kommandeurs der französischen Ehrenlegion. Diesen glanzvollen Orden hat Bundeskanzler Schröder bisher nicht bekommen. Das Signal trägt in der Sprache der Diplomaten einen besonderen Namen: die Wiederbelebung der deutsch-französischen Beziehungen. In der Sprache der Politiker heißt es etwas kritischer: Das Verhältnis zwischen Schröder und Chirac hatte nicht die Qualität der bisherigen Beziehungen, von Adenauer-de Gaulle über Schmidt-Giscard d'Estaing bis hin zu Kohl-Mitterrand.

"Geradezu grotesk" nannte daraufhin Bundesaußenminister Joschka Fischer diese Kritik - und listete die gemeinsamen Themen auf, die Jacques Chirac und Gerhard Schröder Hand in Hand in Europa durchgesezt hätten, zum Beispiel die Osterweiterung oder die Einberufung des Europa-Konvents.

Treibstoffmangel statt Motorschaden

Der deutsch-französische Motor wird also noch einmal kräftig durchgestartet. Der Motor ist nämlich nicht kaputt, nur der Treibstoff scheint zu fehlen. Paris und Berlin sind gleichsam bemüht, für die nächste Strecke voll zu tanken. Denn: Bei allen Unterschieden in der Auffassung von Politik ist man inzwischen durchaus der Meinung, dass die Einigungsfähigkeit Europas vor allem von den Initiativen der beiden Partner abhängt.

Immer wieder kam der deutsch-französische Motor ins Stottern. Die Zeiten der historischen Versöhnung, wie 1963 bei der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags, sind vorbei. Deswegen sind Paris und Berlin, pünktlich zum 40-jährigen Bestehen des Elysée-Vertrags, auf der Suche nach einer neuen Motivation. Joschka Fischer hat es bei seinem letzten Besuch in Paris noch einmal verdeutlicht: Früher sei von der Nachkriegsgeneration die Rede gewesen, jetzt werde über die Generation Europa gesprochen. Die Neubewertung des Elysée-Vertrags ist nicht mehr rein deutsch-französischer Natur, seine Bedeutung muß nun klarer im Sinne Europas ausgesprochen werden.