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Investoren planen Spielkasinos an der Adria

17. September 2009

Seit Juli ist in Russland das Geschäft mit dem Glücksspiel nur noch in wenigen abgelegenen Regionen erlaubt. In Montenegro könnte ein neues Spielerparadies entstehen. Auch russische Kunden sollen angelockt werden.

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Kasino des Hotels MaestralBild: Filip Slavkovic

Touristenscharen drängeln sich durch die engen Gassen der Altstadt von Budva. Die von dicken Festungsmauern umgebenen steinernen Häuser und Straßen, die Zitadelle aus dem 15. Jahrhundert, die vielen Boutiquen und Restaurants auf dieser kleinen Landzunge an der Adria sind die wichtigsten Anziehungspunkte für ausländische Gäste an der montenegrinischen Küste. Die Gäste kommen jedoch nur in den drei Sommermonaten hierher, einige wenige im Mai oder September. Das soll sich ab dem nächsten Jahr ändern. Spielkasinos sollen gebaut werden. Montenegro möchte Zocker aus der ganzen Welt ins Land holen, das ganze Jahr über.

Furcht vor Spielsucht unter Einheimischen

Viele hier sprechen schon von einem neuen Monte Carlo auf dem Balkan. Nicht alle sind glücklich deswegen. Der junge Friseur Boris zum Beispiel ärgert sich über das neu geplante Spielkasino in Zentrum von Budva, direkt gegenüber seinen Laden. Viele seiner Freunde hätten schon längst alles verspielt. Die Gründe liegen für ihn auf der Hand: "Im Winter ist es viel zu langweilig – man kann entweder lesen, den ganzen Tag im Cafe sitzen oder eben spielen."

Budva hat rund 10.000 Einwohner. Im Winter ist Flaute im Tourismusgeschäft und es gibt wenig zu tun. Trotzdem gibt es in der Stadt mehrere Hundert Millionäre: Bauern, die ihre Äcker als Bauland an Investoren und vor allem russische Privatleute verkauft haben. Dass die Entwicklung des Kasino-Tourismus Risiken birgt, erkennt auch der Hotel-Direktor Dragan Ivancevic an. Sein 4-Sterne-Haus in einer kleinen Bucht neben Budva steigt gerade in das Geschäft mit den Roulette-Tischen und einarmigen Banditen ein. "Wir glauben nicht, dass es gut wäre, vermehrt Objekte zu eröffnen, die ausschließlich Kasinos sind. Weil sich zu denen auch die einheimische Bevölkerung hingezogen fühlen könnte. Die Menschen hier könnten spielsüchtig werden! "

Run auf Spielerparadies erwartet

Ivancevic war eine Zeit lang stellvertretender Tourismusminister und für die Entwicklung der Branche in Montenegro zuständig. Mit österreichischen Partnern übernahm der Mittfünfziger später ein 500-Betten-Hotel im ehemaligen Fischer-Ort Becici. Im August ging das Haus zu 75 Prozent an die für ihre Einkaufszentren und Kasinos bekannte Moskauer Korston Gruppe. Die habe bereits für Oktober die ersten Charter-Flüge organisiert, erklärt Direktor Ivancevic. Mehr als 6.000 Touristen, potentielle Spieler, hätten Interesse an einem Urlaub in seinem Hotel und an Glückspielen: „In Russland besteht dafür ein großes Potenzial.“

Das Potenzial ist nach dem Verbot der Spielkasinos in Russland so groß, dass jetzt mit dem Ende der Urlaubs- und dem Beginn der Bausaison viele Hotels in Montenegro ihre Räume zu Spielhallen umbauen. Die Lizenzen für den Spielbetrieb erteilt die Regierung in Podgorica. Bis zu einem Dutzend neuer Lizenzen für neue Spielstätten werden im nächsten Jahr erwartet. Im Moment gibt es in Montenegro nur ein richtiges Spielerparadies: Das Hotel Maestral im winzigen Fischerdorf Milocer. Verkaufsleiterin Marija Martinovic verteidigt das Spielen als eine Art der Unterhaltung. "Manche Menschen haben ihren Spaß in der Disco, trinken etwas, manche gehen gerne Einkaufen, manche mieten eine Yacht. Und es gibt eben die Menschen, die gerne Glücksspiele spielen."

Warnung vor Risiken des Kasinogeschäfts

Maestral gehört einer slowenischen Kette und ist auf die Gäste aus dem italienischen Süden spezialisiert. Diese, erzählt Martinovic, kommen meistens mit Charter-Flügen über das Wochenende. Es seien vor allem Familien, bei denen der Mann gerne spielt und die Frau sich ein paar Tage Wellness und Shopping gönnt, behauptet die resolute junge Montenegrinerin auf der Hotelterrasse. Ihr Blick gleitet über die Bucht zum nur zehn Autominuten entfernten Budva. Den Kunden biete man im Variete auch zusätzliche Unterhaltung: eine russische Kabarett-Truppe. Auch da wehrt sich Martinovic gegen Vorurteile. "Das sind junge geschulte Balletttänzerinnen, die ihre Tanzeinlagen natürlich etwas angepasst haben. Aber das ist kein Striptease, das ist nicht vulgär. Hier geschieht nichts in irgendwelchen abgedunkelten Räumen, daran gibt es nichts Anrüchiges", so Martinovic.

Prostitution, Drogenmissbrauch, Geldwäsche würden mit einem massenhaften Ausbau des Kasinogeschäfts Hand in Hand gehen, warnen dagegen westliche Beobachter. Marija Martinovic versucht, den Ruf der Glücksspielindustrie zu retten: "Das Kasinobusiness und die Kasinohotels haben ja auch Monte Carlo kein schlechtes Image eingebracht". Schließlich sei die Stadt an der Côte d´Azur auch als hochklassiger Urlaubsort bekannt.

Autor: Filip Slavkovic

Redaktion: Bernd Johann