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"Ein Premier sollte sich zweimal überlegen, was er sagt"

17. Januar 2002

- Zemans Äußerungen zur FPÖ rufen in Tschechien kontroverse Reaktionen hervor

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Prag, 17.1.2002, RADIO PRAG, deutsch

In ähnlicher Weise wie Zeman äußerte sich am Dienstag (15.1.) auch der christdemokratische Parteichef Cyril Svoboda, der einen Tag zuvor auf Einladung seiner österreichischen Parteikollegen Wien besucht hatte. Kurz vor der Bekanntgabe des österreichischen Protests sagte er, seiner Meinung nach habe Jörg Haider einen äußerst unfreundlichen Standpunkt zum tschechischen Volk eingenommen. In seinen Worten sei ein Hauch der Reden von Adolf Hitler zu spüren, sagte Svoboda und betonte, er spreche vom Geist der Rede und wolle nicht sagen, jemand sei Faschist oder etwas ähnliches. Auf eine Welle der Kritik stieß Zeman bei anderen Oppositionspolitikern. Der Chef des Abgeordnetenhauses und der Bürgerdemokraten ODS, Václav Klaus, sagte dazu:

"Wir haben uns hierzulande daran gewöhnt, dass Premier Zeman absolut alles sagen kann - jemand lacht darüber, jemand fühlt sich beleidigt, es wird nicht ganz ernst genommen. Und nun ist er international angeeckt, weil die Welt an solche Worteskapaden nicht gewöhnt ist. Es hat das einzige Ende, das es haben konnte. Ich wundere mich nicht über die österreichische Reaktion. Das Ganze ist leider sehr unglücklich. Wir haben mit Österreich eine Reihe von Problemen, und dieses hat sicher nichts Gutes gebracht."

Auch der Leiter der Viererkoalition Karel Kühnl ist der Meinung, dass Zeman seine Worte besser hätte abwägen sollen:

"Sollte sich Premier Zeman wünschen, dass die österreichische Petition gegen Temelin und eigentlich gegen den EU-Beitritt der Tschechischen Republik eine oder zwei Millionen Menschen unterschreiben, dann geht er leider den richtigen Weg. Wir können über politische Parteien in anderen Ländern denken, was wir wollen. Aber insbesondere, wenn es sich um Regierungsparteien handelt und man Premier ist - und Herr Zeman ist ja Premier - muss man sich zweimal überlegen, was man sagt. Ich glaube, dass die Worte der Tschechischen Republik keinen Dienst erwiesen haben."

"Zemans Stimme für Haider" heißt der Kommentar des Blattes "Lidove noviny" am Mittwoch (16.1.). "Der Premier hat eine geniale Begabung, die am wenigsten geeigneten Sachen in der am wenigsten geeigneten Zeit zu tun", steht darin. Natürlich sei er mit seinen Worten der Sache auf den Grund gekommen. Man hätte allerdings schon im voraus ahnen können, dass dies während der Petitionsaktion Wasser auf die antitschechischen Mühlen sei. Zemans Worte seien genau das, was die FPÖ brauche: Nationale Leidenschaften zu wecken und die Wahlen zu gewinnen. Die ungewollte Haider-Kampagne des tschechischen Premiers rufe heute Lächeln hervor. In einem Jahr könne sie uns jedoch sehr teuer zu stehen kommen, warnt der Kommentator. "Ein wirkliches Referendum gegen den EU-Beitritt Tschechiens mit der Unterstützung des österreichischen Bundeskanzlers wäre kein großer Spaß." (fp)