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Ein schlechter Tag für die SPD - ein guter Tag für Deutschland

23. Mai 2009

Horst Köhler erhielt zwar ein knappes Ergebnis, aber es war deutlich genug. Die Entscheidung der Bundesversammlung hat Signalwirkung über den Tag hinaus, findet Bettina Marx.

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Grafik Kommentar
Bild: DW

Köhler, den bei seiner ersten Wahl zum Bundespräsidenten vor fünf Jahren fast niemand kannte, genießt in der Bevölkerung inzwischen große Zustimmung. Könnten die Bundesbürger ihr Staatsoberhaupt selbst wählen, dann hätten sie nach allen Meinungsumfragen mehrheitlich Horst Köhler ihre Stimme gegeben. 70 Prozent der Befragten erklärten, sie wünschten sich eine zweite Amtszeit für den beliebten Präsidenten.

Schwan kann nicht überzeugen

Gesine Schwan dagegen fand in Meinungsumfragen nur bei 15 Prozent der Bundesbürger Zustimmung. Auch in der Bundesversammlung ist es ihr nicht gelungen, die Mehrheit von sich zu überzeugen. Sogar aus dem eigenen rot-grünen Lager fehlten am Ende elf Stimmen für die Politikprofessorin.

Auch wenn SPD-Chef Franz Müntefering es nach dem Wahlgang bestritt, das Wahlergebnis hat Signalwirkung über den Tag hinaus. CDU und FDP haben die Geschlossenheit gezeigt, die sie benötigen, wenn sie nach der Bundestagswahl im September eine Neuauflage der schwarz-gelben Koalition versuchen wollen. Die SPD und die Grünen dagegen, die ebenfalls eine gemeinsame Koalition anstreben, präsentierten sich wieder einmal uneinig, zersplittert und unberechenbar. Schon vor der Wahl hatte die SPD es an Unterstützung für Gesine Schwan fehlen lassen. Ihre führenden Politiker zeigten sich distanziert und zum Teil sogar desinteressiert.

Schwarzer Peter für die Linkspartei

Nach der Wahl aber wollte Parteichef Müntefering der Linkspartei den Schwarzen Peter zuschieben. Sie habe sich separiert, kritisierte er spitz. Anstatt die SPD-Kandidatin zu unterstützen, habe sie einen eigenen aussichtslosen Kandidaten aufgestellt und damit das Lager links der CDU geschwächt.

Doch nicht die Linke ist schuld an der Niederlage der SPD-Kandidatin. Die Sozialdemokraten selbst tragen dafür die Verantwortung. Nicht ein einziges Mal habe die SPD um die Unterstützung der Linken gebeten, offenbarte Fraktionschef Gregor Gysi am Rande der Bundesversammlung.

Natürlich nicht, denn die SPD wollte kein Signal für eine rot-rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl im September setzen - und damit dem bürgerlichen Lager Munition für eine Rote-Socken-Kampagne geben.

Naiv oder dreist?

Zu erwarten, dass die Linke ausgerechnet diejenigen stillschweigend unterstützt, die alles daran setzen, sich von ihr in der Öffentlichkeit zu distanzieren, ist entweder naiv oder dreist.

Nun ist die Wahl also gelaufen. Deutschland hat seine Chance auf eine gute Präsidentin verpasst, auf die erste Frau im höchsten Staatsamt, auf eine fröhliche Intellektuelle im Schloss Bellevue. Dafür hat Deutschland aber einen guten Präsidenten wieder bekommen. Einen beliebten, bodenständigen Mann, der das Land nach innen und außen überzeugend und mit Bescheidenheit vertritt.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Oliver Samson