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Frauenfußball

24. Mai 2011

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfußball. Doch wo genau liegen sie eigentlich? Wer hat die besseren Manieren auf dem Platz, bei wem wird mehr gefoult? Fragen dazu an Fußballexpertin Martina Knief

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Turbine Potsdam gewinnt das Champions League-Finale gegen Olympic Lyon am 20. Mai 2010. Ganz vorne Stürmerin Lira Bajramaj. (Foto: ap)
Bild: AP

Frau Knief, macht es für Sie einen Unterschied, ob Sie ein Frauenfußballspiel oder ein Männerfußballspiel kommentieren?

Ich weiß nicht, diese Frage hat sich mir nie gestellt. Die Frage, die sich mir am Anfang meiner Karriere als Fußballreporterin gestellt hat, ist eher: Wie übertrage ICH ein Spiel? Ein Fußballspiel – ohne Geschlecht. Und ich bin zu dem Ergebnis gekommen: Ich übertrage ein Fußballspiel wie Martina Knief und mache keine männlichen Kollegen nach und keine weibliche Kollegin, sondern versuche es so zu übertragen so wie ICH es mache. Und so übertrage ich Eintracht Frankfurt und so übertrage ich auch den 1. Frauen FußballClub Frankfurt.

Als genaue Beobachterin entgeht Ihnen ja nicht viel – gibt es denn typisch weibliche Verhaltensweisen auf dem Platz?

Zum einen ist es so, dass ich noch nie eine Fußballerin hab aus der Nase – darf ich das Wort benutzen? – rotzen sehen, wie man das beim Männerfußball sieht, oder auch ausspucken. Viele Spielerinnen haben natürlich ein Papiertaschentuch im Stutzen versteckt – das sind so Sachen, die sind natürlich sehr angenehm. Was ich noch angenehm finde beim Frauenfußball ist, dass sich das Modell der Schwalbe noch nicht sehr weit verbreitet hat. Sondern dass es doch etwas fairer zugeht. Man fällt, wenn man gefoult wird und nicht dann, wenn man gerne einen Elfmeter haben möchte. Zudem ist es auch nicht weit verbreitet, absichtlich von hinten in die Beine zu treten anstatt den Ball erreichen zu wollen – oder sich dann gar hinfallen zu lassen, wenn man nicht getreten wird – also all das sind so Machenschaften, die mir beim Männerfußball überhaupt nicht gefallen, und die man bisher beim Frauenfußball nicht häufig sieht.

Birgit Prinz im vollen Einsatz (Foto: dpa)
Hart im Zweikampf: Birgit PrinzBild: dpa

Nun handelt es sich ja auch dem Platz doch um Gegnerinnen, teilweise um sehr erbitterte Gegnerinnen – gibt es da nicht doch so was wie "Zickenkrieg"?

Na, ich als Frau verwende den Begriff Zickenkrieg ja nun mal nicht gerne, weil ich den nicht gut finde und immer wenn zwei Frauen sich streiten, dann heißt es gleich: Die sind zickig – das ist ja absoluter Quatsch. Aber natürlich gibt es beim Frauenfußball Foulspiel. Das ist doch ein Kampfsport! Das ist in weiten Teilen auch ein Zweikampfsport und es MUSS gefoult werden, sonst muss ich mir ne andere Sportart suchen, wenn ich das nicht aushalte. Und natürlich werden auch Sprüche gemacht, all das gehört zum Fußball dazu und so natürlich auch zum Frauenfußball.

Wie sieht es denn mit den weiblichen Fans aus, gibt es weibliche Hooligans?

Glücklicherweise sind mir noch keine Hooligans beim Frauenfußball untergekommen, weder weibliche noch männliche. Dass Emotionen zum Fußball gehören, das ist ja wohl selbstverständlich. Wenn ich auf der Tribüne sitze, dann möchte ich auch meiner Freude oder auch meinem Unmut durch Ausrufe und auch Schreie Luft machen. Und dass da mal das eine oder andere Wort rauskommt, was nicht zitierfähig ist, das ist nun mal so.

Wie ist denn so die Stimmung im Stadion – ist es genau so wie beim Männerfußball, laute Fangesänge, grölende Chöre oder ist das Publikum beim Frauenfußball einfach ein bisschen anders?

Ich würd' ja sagen: Grölende Gören! Also, will sagen: Das Publikum ist jünger, sehr familienorientiert, es sind viele Kinder und Jugendliche im Stadion, daher ist auch der Stimmpegel sehr viel höher. Da ist auch keine aggressive Stimmung. Da geht es mehr um Spaß und Freude am Spiel, da ist ein Tick mehr Leidenschaft dabei, finde ich.

Weiblicher Fußballfan schwingt deutsche Fahne (Foto: ap)
Frauenfußball: Hooliganfreie ZoneBild: AP

Da werden eben auch noch mit voller Leidenschaft Fähnchen geschwenkt oder Sprüche gesungen. Ich halte das für eine sehr angenehme Stimmung. Manchmal denke ich, es ist ein bisschen viel Gekreische, so wie beim Kindergeburtstag, auf der anderen Seite ist ein eine familiäre Stimmung, die weder Hooligans aufkommen lässt oder negatives Gegröle, ich würde es als freundlich-nette Fangesänge umschreiben.

Wie sieht das denn nun aus, wenn Sie jetzt mal einen Spielzug beschreiben, gerade bei der Radio-Reportage muss man ja sehr viel reden, da hat man ja gar nicht so viel Zeit alles unterzukriegen. Bei den Männern wird ja dann schnell gesagt: Schweinsteiger – Podolski – Tor. Lässt man sich bei den Frauen doch mehr Zeit und nennt sie wenigstens auch beim Vornamen?

Ich halte es ja stets so, dass ich auch bei Männerfußballreportagen die Vornamen dazu sage, weil ich es unmöglich finde, wenn ein Mensch nur mit dem Nachnamen angesprochen wird. Ich möchte das auch nicht, dass mich einer nur mit Nachnamen anredet. Entsprechend halte ich es auch so beim Frauenfußball. Wobei man dazu sagen muss: Natürlich kennen alle Nadine Angerer. Vielleicht auch noch Lira Bajramai und erst recht Birgit Prinz. Aber bei manchen anderen deutschen Nationalspielerinnen wird's schon schwierig. Will damit sagen: Wenn ich beim Männerfußball sage: Podolski hat den Ball, oder ich würde ja sagen LUKAS Podolski – dann weiß ich, der Ball ist in der Regel auf der linken Seite. Wenn ich aber sage: Kerstin Garefrekes hat den Ball, dann weiß nicht jeder zwingend, dass der auf der rechten Seite ist. Also, ich muss viel mehr beschreiben, wo sich der Ball befindet und dann, wer am Ball ist. Denn das ist beim Frauenfußball noch nicht so weit verbreitet, dass wenn man einen Namen sagt, dass dann jeder sofort weiß, auf welcher Position sie spielt.

Martina Knief, Sportreporterin beim Hessischen Rundfunk. Fußballexpertin und eine von zwei Frauen in Deutschland, die die Spiele der Fußball-Bundesliga im Radio übertragen. Foto: Ben Knabe/Hessischer Rundfunk 2011
Sportreporterin Martina KniefBild: Ben Knabe/Hessischer Rundfunk 2011

Warum können denn nun weibliche Fußballerinnen so gut wie nie eine männliche U16-Mannschaft schlagen?

Der wichtigste Punkt ist, dass die Jungs schon im Alter von 16 Jahren körperlich fast jeder Frau überlegen sind. Und deswegen tut sich auch die Frauennationalmannschaft schwer, U16-Mannschaften oder B-Junioren-Mannschaften von Bundesligisten zu besiegen. Das ist aber auch nicht wichtig, dafür gibt's keinen Pokal. Man will sich messen, mit Leuten, die in etwa das Niveau haben wie man selber. Und da ist eine B-Junioren-Mannschaft von einem Fußballbundesligisten genau der richtige Maßstab. Andere Vereine, die in unteren Ligen sind, und daher auch eine schlechtere B-Jugend haben, die sind natürlich auch kein Maßstab für die Nationalmannschaft der Frauen, weil die denen dann technisch überlegen wäre. Testspiele der Frauenfußballnational-mannschaft gegen B-Junioren von Bundesligisten sind immer gute Testspiele, weil man sich da auch auf einem gleichen Niveau in etwa messen kann. Man macht das natürlich immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil keiner die Presse möchte, dass die B-Junioren des Vereins XY mal wieder gegen die Frauennationalmannschaft gewonnen hat.

Interview: Silke Wünsch
Redaktion: Arnulf Boettcher