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Ein universelles Recht

Heinrich Bergstresser10. Dezember 2003

Vor 55 Jahren verabschiedete die UNO die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Nach dem Nationalsozialismus sollte es nie mehr der Willkür einer Regierung zugestanden werden, die Menschenwürde an- oder abzuerkennen.

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Es war ein langer Weg von der ersten dezidierten Erklärung von Menschenrechten - der Virginia Bill of Rights 1776 - bis zur Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte durch die
Generalversammlung der Vereinten Nationen 1948. Aber niemand, auch nicht die Nationalsozialisten, konnte diese einschneidende Neubewertung des Menschen zurückdrehen, deren Grundidee im alten Europa entstand, deren Umsetzung und Siegeszug aber in der Neuen Welt begann: Dort, wo sich die amerikanischen Kolonien vom englischen Mutterland befreiten und als USA seit nunmehr fast 100 Jahren Weltgeschichte schrieben.

Aber gute Ideen und wohlfeile Reden reichen bei weitem nicht aus, als universell und richtig anerkannte Werte, Normen und Rechte mit Leben zu füllen. Sie müssen auch durchsetzbar sein. Freiheit von Not und Furcht, Meinungsfreiheit, freie Religionsausübung, Recht auf Entwicklung sind keine abstrakten Ziele. Sie sind sehr real, abzulesen an der weit verbreiteten Missachtung durch Individuen, Gruppen und Staaten.

Mechanismen gegen Machtmissbrauch

Wer Macht über andere Menschen ausübt, neigt leicht zu Machtmissbrauch, besonders dann, wenn Mechanismen fehlen, diesen Missbrauch zu verhindern oder zumindest einzudämmen. Doch entwickeln sich seit mehr als fünf Jahrzehnte überall auf der Welt genau diese Mechanismen, die sich hinter den Begriffen "Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrecht" verbergen. Und diese Begriffe nagen ständig an den Pfeilern diktatorischer und autoritärer Systeme, denn der Drang nach Freiheit, Lebensfreude und Würde ist Teil der menschlichen Natur.

Alle Versuche in der Vergangenheit, diesen Drang auszumerzen, scheiterten kläglich. Und die Kodifizierung der Menschenrechte als universelles Recht engt die Auswüchse tendenziell weiter ein.

Opfer für die Freiheit

Zweifellos bedarf es viel Mut, sich gegen Machtmissbrauch zu wehren, gleichgültig, in welcher Region der Welt. Und manch ein Mutiger ist dafür auf dem Schafott oder in den Kerkern gelandet, aber nicht ganz sinnlos. Denn aus ihren Schicksalen entspringt die Erkenntnis, dass nicht Individuen, sondern Institutionen Bollwerke schaffen, die Entwicklung und Freiheit erst ermöglichen.

In diesem Sinne erfüllen die Menschenrechtskommission der UN und regionalen Menschenrechtsschutzsysteme in Amerika, Europa und Afrika richtungsweisende Funktionen. Denn in ihrem Schatten haben sich in vielen Ländern - auch in der Dritten Welt - Menschenrechtskommissionen gebildet, die zur erheblichen Verbesserung der Menschenrechtssituation beigetragen haben.

Es ist erst 10 Jahre her, dass nach heftigen politischen Auseinandersetzungen weitreichende Grundlagen für die Institutionalisierung der Menschenrechte gelegt wurden. Denn erst die Berufung eines Hochkommissars nach der turbulenten Konferenz in Wien, wo sich viele Mitgliedsstaaten gegen die Universalität dieser Rechte wehrten, erhielt die Kommission auch die notwendige personifizierte Autorität zu handeln. Auch diese Errungenschaft sollte man nicht vergessen, wenn am 10. Dezember der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gedacht wird.