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Ein Verteidigungsminister verteidigt sich

Mathias Bölinger31. Juli 2013

Der Auftritt von Verteidigungsminister de Maizière vor dem Drohnen-Ausschuss war mit Spannung erwartet worden. Große Überrasschungen gab es nicht, dafür viel Streit ums Detail.

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Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) vor dem Untersuchungsausschuss (Bild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Als die Abgeordneten nachmittags in einer Sitzungspause vor die Presse treten, gewinnt man nicht unbedingt den Eindruck, dass sie gerade tatsächlich an derselben Sitzung teil nehmen. "Verteidigungsminister de Maizière konnte heute den Lügenvorwurf nicht ausräumen. Im Gegenteil, er hat sich noch tiefer in sein Gewirr der falschen Aussagen und der falschen Zitate verstrickt", sagt der sozialdemokratische Politiker Rainer Arnold in die Kameras. Joachim Spatz von der Regierungsfraktion der Liberalen erklärt dagegen nicht weniger bestimmt, es gebe nach den bisherigen Fragerunden "kein glaubwürdiges Indiz, das belegen würde, dass der Minister gelogen hat. Die Vorwürfe sind völlig haltlos".

Verteidigungsminister verteidigt sich

De Maizière sieht Fehler vor seiner Amtszeit

Der Auftritt von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch ist der Höhepunkt der Zeugenbefragungen in diesem Untersuchungsausschuss zur Euro-Hawk-Affäre. Noch vor der Wahl im September soll das Gremium klären, wie es sein konnte, dass die Bundeswehr für fast 700 Millionen Euro eine Aufklärungsdrohne entwickelt, dann aber festellen muss, dass sie gar keine Zulassung für dieses Fluggerät bekommen kann. Im Mai 2013 hatte der Verteidigungsminister das Projekt deshalb gestoppt.

Die Opposition glaubt, das sei zu spät gewesen. De Maizière verteidigt sich damit, dass die Fehler, die zu dem Debakel geführt haben, lange vor seiner Amtszeit gemacht wurden. Er selbst habe erst erfahren, wie groß die Schwierigkeiten sind, nachdem seine Staatssekretäre Stéphane Beemelmans und Rüdiger Wolf das Projekt gestoppt hatten.

De Maizière wirkt selbstsicher, als er den Ausschussmitgliedern gegenübersitzt. Mehrmals verzichtet er auf Pausen, die die Ausschussvorsitzende vorschlägt. Die Vertreter der Parteien dürfen der Reihe nach Fragen stellen. Es geht ums Detail, Zahlen und Worte werden auseinandergeklaubt. Die drei Oppositionsparteien Sozialdemokraten, Grüne und Linke interessieren sich vor allem für die Frage, wann der Minister von den Problemen wusste. De Maizière hatte gegenüber dem Ausschuss gesagt, vor dem 13. Mai "keine Vorlage" zu dem Thema erhalten zu haben. Die Opposition bezichtigt ihn deshalb der Lüge. In einer älteren Akte, die der Minister bekommen hat, ist nämlich von großen Problemen die Rede. Zwischen den Fragestellern und dem Minister entspinnt sich deshalb eine längere Diskussion über die Frage, ob unter "Vorlage" nun eine "Entscheidungsvorlage", eine "Informationsvorlage" oder auch schon eine "Sprechvorlage" zu verstehen ist. Letzteres sind Texte, mit denen der Minister auf Fragen zu bestimmten Themen vorbereitet wird, und um eine solche Akte handelt es sich bei diesem Schriftstück. Ob der Minister gelogen hat oder nicht, hängt nicht zuletzt von dieser Definition ab.

Fotografen beim Eintritt von de Maizière (Bild: dpa)
Das Interesse der Öffentlichkeit war jedenfalls vorhandenBild: picture-alliance/dpa

"Hinweis auf Problem ist kein Grund zu handeln"

Ausgiebig wird auch über ein Papier diskutiert, in dem mit grünem Textmarker Passagen angestrichen sind. Es ist Gepflogenheit im Ministerium, dass der Minister mit grüner Tinte Anmerkungen macht, woraus die Opposition schließt, dass er vom Inhalt – wieder ist von Problemen die Rede – Kenntnis genommen hat. Er benutze keine Textmarker, sagt de Maizière trocken.

Dabei sagt der Minister durchaus Sätze, die mehr Aufschluss über Führungsstil und Amtsverständnis aussagen als die Farbe seiner Textmarker. "Allein der Hinweis auf ein großes Problem ist für mich kein Anlass zu handeln", erklärt er zum Beispiel. "Große Probleme finden Sie bei jedem Rüstungsprojekt". Er habe sich eben darauf verlassen, dass seine Staatssekretäre und der Generalinspekteur der Bundeswehr das Projekt im Griff hätten. "Wenn sich meine Staatssekretäre und der Generalinspekteur kümmern, muss ich mich doch nicht auch noch kümmern", sagt de Maizière. Da müsse er "höchstens mal nachfragen, ob sie sich genug kümmern." Das, so räumt er immerhin ein, habe er nicht genügend getan.

De Maizière besteht darauf, dass er "Schaden vom Steuerzahler abgewendet" habe. Sein Ministerium sei rechtzeitig aus dem Projekt ausgestiegen. Ein früherer Ausstieg hätte kein Geld gespart, weil bei seinem Amtsantritt ohnehin bereits 85 Prozent des Geldes gebunden gewesen seien. Im Gegenteil, es sei wichtig gewesen, alle Tests des Prototypen zu Ende zu führen. Nur so habe das Aufklärungssystem, das in die Drohne eingebaut worden ist, zur Funktionsreife kommen können. Vertreter des Ministeriums hatten während der Ausschusssitzungen immer wieder betont, dass die Aufklärungselektronik in anderen Flugzeuge oder Drohnen weiter genutzt werden könne. Allerdings muss de Maizière auf Nachfragen einräumen, dass im Moment auf dem Markt keine geeigneten Modelle vorhanden sind.

Mehr als sieben Stunden dauert die Befragung, dann treten die Abgeordneten noch einmal vor die Kameras. Fast wortgleich wiederholen sie ihre Statements vom Nachmittag.