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Eine andere transatlantische Partnerschaft

Oliver Pieper29. Mai 2004

Vor dem Hintergrund des Irak-Krieges haben die Länder der EU und Lateinamerikas auf ihrem Gipfel eine stärkere Rolle der UNO in der Weltpolitik gefordert. Im Mittelpunkt des Treffens standen aber Wirtschaftsfragen.

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Bild: AP

Für Fidel Castro war von Anfang an klar: der EU-Lateinamerika-Gipfel im mexikanischen Guadalajara sei nur eine nutzlose Konferenz ohne Inhalt. Kulinarische Köstlichkeiten, Champagner und Wein zu sich zu nehmen, während Millionen Menschen an Hunger leiden, nein, das konnte der kubanische Staatschef nicht verstehen. El Comandante nutzte das gewaltige Medienecho auf die Frage, ob er nun in Guadalajara erscheint oder nicht, und sagte mit einer Ansprache im mexikanischen Fernsehen ab.

Fidel Castro trinkt Wasser
Fidel Castro (Archivbild)Bild: AP

Doch vielleicht bot die Abwesenheit Castros bei dem dritten EU-Lateinamerika-Gipfel nach Rio de Janeiro 1999 und Madrid 2002 ja erst die Möglichkeit, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Unter den Leitthemen Sozialer Zusammenhalt und Multilateralismus galt es, die strategische Partnerschaft beider Regionen auszubauen. Vor zwei Jahren hatten sich die Europäische Union und Lateinamerika zum Beispiel darauf verständigt, sich vor wichtigen internationalen Konferenzen abzustimmen. Passiert ist jedoch nichts, und das ist um so erstaunlicher, da die nunmehr 58 Staaten mittlerweile knapp ein Drittel der Mitglieder bei den Vereinten Nationen stellen.

Knackpunkt Agrarbereich

Guadalajara, der erste Gipfel übrigens der erweiterten Europäischen Union, bot nun die Möglichkeit, enger zusammenzurücken - und dies nicht nur auf politischer Ebene. Denn das Treffen wird vor allen Dingen von der Wirtschaft bestimmt, genauer von den Verhandlungen der Europäischen Union mit dem Gemeinsamen Südamerikanischen Markt Mercosur über die Schaffung einer Freihandelszone mit 675 Millionen Verbrauchern und einem Bruttoinlandsprodukt von zehn Billionen Euro.

Die Vertreter aus Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay sowie der EU stehen kurz vor dem Durchbruch, dann könnte im Oktober der neue gemeinsame Markt entstehen. EU-Agrarkommissar Franz Fischler sprach hier von einem historischen Angebot der EU, doch bisher reicht den Europäern die Offerte des Mercosur nicht aus. Knackpunkt ist vor allem der sensible Agrarbereich. An ein Scheitern mag hier keiner denken, schließlich befindet sich Europa im Wettlauf mit den Vereinigten Staaten, die zum 1. Januar 2005 eine gesamtamerikanische Freihandelszone von Alaska bis Feuerland ins Leben rufen wollen.

Distanzierung von den USA

Auch beim Gipfelthema "Sozialer Zusammenhalt" setzt Europa andere Akzente als die USA: Während sich Washington im Verhältnis zu Lateinamerika insbesondere auf die Wirtschaft konzentriert, hat die EU in Guadalajara ein 30 Millionen Euro schweres und auf fünf Jahre angelegtes Hilfsprogramm auf den Tisch gelegt, das in die Bereiche Bildung, Gesundheit und Justizwesen fließen soll. Und dass das Thema Multilateralismus bei diesem Gipfel groß auf der Agenda stand, bedeutet ebenfalls eine klare Distanzierung von den USA.

In der Abschlusserklärung wurde für eine Reform der Vereinten Nationen und eine Erweiterung des UN-Sicherheitsrates geworben, Deutschland hofft auf einen ständigen Sitz in diesem Gremium. Ebenso eingeflossen ist die Verurteilung von Folter, Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen, gepaart mit dem Aufruf an alle Staaten, die Schuldigen adäquat zu bestrafen. Der dritte EU-Lateinamerika-Gipfel in Guadalajara kam also zu Ergebnissen, die den USA nicht ganz so gefallen - und das wäre dann doch ganz im Sinne von Fidel Castro.