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Die Welt durch Google Glass

Hannah Fuchs7. November 2014

Eine Datenbrille für jedermann - für den alltäglichen Gebrauch - soll Google Glass sein. Nicht nur Geeks sollen Gefallen an der intelligenten Brille finden. Geht der Plan auf? Wir haben es getestet. Ein Resümee.

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Google Glass (DW/Hannah Fuchs).
Bild: DW/H.Fuchs

Google Glass ist eine Art Smartphone für die Nase. Den Minicomputer des US-Unternehmens trägt man wie eine Brille - oder zusätzlich dazu. Beides ist möglich. Über dem Auge befindet sich ein kleines, durchsichtiges Prisma. Der Ort "where the magic happens". Denn wenn Glass aktiviert ist, sieht der User hier in seinem oberen Blickwinkel ein kleines Bild.

Brille auf - und dann?

Direkt daran schließt sich ein etwas klobig erscheinender Bügel an, der als Touchpad und zur Tonübertragung fungiert. Letztere funktioniert bei Glass nicht etwa mithilfe eines klassischen Lautsprechers, sondern mit einem "Audio Bone Conduction Transducer", zu Deutsch: Schallübertragung per Knochenleitung. Der Schall wird dabei über einen kleinen Vibrator übertragen, der Schwingungen über den Schädelknochen ins Innenohr schickt.

Google Glass (Foto: picture alliance).
Selbst an Werbemodels etwas klobig: Das Gestell von Google Glass könnte stylischer daherkommenBild: picture alliance/ZUMA Press

Ferngesteuert wird Glass quasi über das Smarthpone. Denn darauf installiert der Nutzer die App "MyGlass", die dann eine Verbindung zwischen Mobiltelefon und Datenbrille herstellt. Hier sind dann auch #link:http://glass-apps.org/google-glass-application-list:alle Apps# zu finden, die kompatibel mit Glass sind: Darunter etwa Newsangebote, Wetterapps, Spiel- oder Sportanwendungen.

Wenn die Brille dann soweit in Betrieb genommen ist, kann es eigentlich auch schon losgehen.

Google Glass mit Smartphone am Tisch (Foto: Rainer Keuenhof).
Eine Datenbrille auf der Nase macht das Smartphone in der Tasche allerdings nicht überflüssigBild: Rainer Keuenhof

Das Paradebeispiel, mit dem man meist schnell ein Aha-Erlebnis auslösen kann, ist das Bildermachen mit Glass. Dafür geht man folgendermaßen vor:

  1. "ok glass" - deutlich ausgesprochen - weckt die Brille aus dem Ruhezustand auf, sie fühlt sich angesprochen, ein *Bing* ertönt
  2. Ein daran anschließendes "take a picture" öffnet die Kameraanwendung, eine Art Fadenkreuz erscheint im Prisma
  3. Ein Augenzwinkern genügt - Glass macht ein Foto

Aha-Erlebnis nicht ohne Geduldsprobe

Im Alltag gewöhnt man sich schnell an das Tragen der Robo-Brille. Auch, wenn es in der Öffentlichkeit stets ein unangenehmes Gefühl war, hat es sich als sinnvoll erwiesen, Glass so oft wie möglich dabei zu haben. Denn: Bei der Brille funktioniert tatsächlich nur Learning by Doing. Man lernt nicht aus bei der futuristischen Brille. In einer Woche mit Glass hatte unsere Reporterin Hannah Fuchs mindestens genauso viele frustrierende Erlebnisse mit Glass wie Aha-Erlebnisse. #link:17881296:Auf ihrem Blog# lässt sich das noch einmal genauer nachlesen:

Für einen kurzen Überblick hier das Fazit des Selbstversuchs:

Vorteile von Google Glass:

  • Freie Hände: Wie oft man am Tag wohl in seine Tasche greift, um aufs Smartphone zu blicken? Womöglich möchte man das gar nicht als konkrete Zahl vor Augen haben. Mit Glass bleibt das aus. Ob beim Fotomachen, Navigieren oder Anrufen - Glass sitzt (normalerweise) schon auf der Nase, und Sprachbefehle reichen zur Steuerung aus.
  • Multitasking: Im Auto oder auf dem Rad kann Glass ein guter Ersatz fürs handelsübliche Navigationssystem sein, da man seinen Blick nicht auf ein anderes Display abwenden muss, sondern die Karte und Befehle direkt vor Augen hat.
  • Unterhaltungswert: Der Spaßfaktor mit Glass ist definitiv vorhanden: Ob beim virtuellen Balancieren von Bausteinen, Tennismatch mit Glass oder der Brille als Sightseeing-Guide - das Erlebnis ist mit Glass ein anderes als mit dem Smarthpone oder der Spielekonsole - und macht Spaß.

Nachteile von Google Glass:

  • Sprache: Das Diktieren von englischem Text - beim Schreiben von Nachrichten etwa oder der Eingabe von Navigationszielen - klappt überraschend gut. Im Deutschen sieht das anders aus, Glass versteht nur Kauderwelsch.
  • Tonqualität: Beim Telefonieren in der Öffentlichkeit ist es schwierig, seinen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung zu verstehen. Oder vielmehr unmöglich. Der Verkehrslärm, Passanten und sonstige Nebengeräusche mindern die Gesprächsqualität für beide Seiten.
  • Design: Zugegeben: Schick ist anders. Als Trendsetter fühlt man sich mit Glass in der Öffentlichkeit nicht wirklich. Aber wenn man die Weiterentwicklung der Brille im Netz beobachtet, ist da noch Luft nach oben und andere (schickere!) Modelle in Arbeit.
  • Laufzeit: Der Spaßfaktor ist nur von kurzer Dauer. Entweder läuft die Batterie zu heiß, und verlangt nach einer Pause - oder aber die Batterie macht nach rund einer Stunde Spielespaß schlapp.
  • Datenschutz: Das ist in Zusammenhang mit Google Glass eines der Themen, das mit als Erstes aufkommt. Naheliegend! Denn natürlich fragt man sich, ob mich ein Google Glass-Träger auf der Straße direkt via Gesichtserkennung identifizieren kann, oder inwiefern die Brille den eigenen Alltag aufzeichnet. Google beharrt zwar darauf, dass solche Anwendungen mit der Brille verboten sind, das wird vermutlich einige nicht davon abhalten, sie zu entwickeln.

#video#Google Glass ist ein amüsantes Gadget, aber (noch) nicht viel mehr als das. Was mit der heutigen Technik schon alles möglich ist, davon bekommt man mit der Brille einen guten Eindruck.

Der Nutzen im Alltag hält sich allerdings noch in Grenzen. Die Brille nur der Exklusivität wegen in der Öffentlichkeit zu tragen, ist ja dann doch irgendwie witzlos.

Aber: In der noch klobigen Datenbrille steckt Potenzial. Vielleicht muss man ihr noch ein paar Jahre mehr Zeit geben, um sich weiterzuentwickeln.