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Eine falsche Einstellung zu Minaretten ist das Problem

4. Dezember 2009
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Themenbild Kontrovers (Grafik: DW)
Sind Minarette eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden?Bild: DW

"Wir haben Arbeitskräfte gerufen, und es kamen Menschen", diagnostizierte der Schweizer Schriftsteller Max Frisch vor vielen Jahrzehnten. Und eine beträchtliche Anzahl dieser damals noch "Gastarbeiter" genannte Menschen brachte natürlich ihren muslimischen Glauben mit. Keine Frage: Je mehr sich zugereiste Muslime in den immer säkularer werdenden christlich geprägten westlichen Industrie- und Wohlstandsländern heimisch fühlten, desto selbstbewusster lebten sie ihren Glauben, desto größer wurde der Wunsch nach eigenen Gotteshäusern - ein selbstverständlicher Prozess.

Ebenso verhielt es sich, als über Jahrhunderte hinweg Christen in aller Herren Länder auswanderten, dort siedelten und Kirchen in völlig fremde Kulturkreise hineinbauten, deren Türme weithin sichtbar gen Himmel zeigten.

In Deutschland war das religiöse Leben der Muslime - trotz Religionsfreiheit - über einen langen Zeitraum hinweg allerdings kaum wahrnehmbar. Ohnehin mit Vorurteilen wegen ihres Glaubens behaftet, versteckten sie ihre Gebetsräume in Hinterhöfen und Industriegebieten. Für viele Gemeinden war das der ideale Nährboden zum Gedeihen eines Islam, der die Gläubigen knebelt mit zum Teil die Menschenrechte verletzenden Sitten und Gebräuchen. Dort wächst mancherorts ein Islam, der politisch betrachtet, sogar verfassungsfeindliche Formen annimmt. Das ist eine Gefahr für den Frieden unserer Gesellschaft.

Seit etlichen Jahren nun gibt es mehr und mehr repräsentative Moscheebauten in Deutschland. Muslime leben zunehmend ihren Glauben öffentlich - in Sichtweite zu Kirchen, Rathäusern und Vereinsheimen. Im Sinne guter Nachbarschaft laden sie ihre nichtislamischen Mitmenschen seit zehn Jahren zum "Tag der offenen Moschee" ein, um ihnen Schwellenangst zu nehmen. Solche Bestrebungen sollten von allen Seiten der nicht-islamischen Bevölkerung nach Kräften unterstützt werden. Immerhin halten Umfragen zufolge zwei Drittel der Deutschen ein harmonisches Zusammenleben mit dem Islam auf Dauer für unmöglich. Diese Einstellung ist eine Gefahr für den Frieden unsere Gesellschaft.

Natürlich stimmt es: In vielen islamischen Ländern ist es Christen verboten Kirchen zu bauen, ihren Glauben zu leben oder auch nur eine Bibel zu besitzen. Gerade deshalb sollte das Christliche Abendland weiter unter Beweis stellen, wie tolerant seine Demokratien sind - erst recht in Sachen Religionsfreiheit. Die Grenzen christlicher Toleranz sollten nicht vor dem sichtbaren Bau von Minaretten gezogen werden, sondern vor der Ausbreitung eines islamischen Fundamentalismus im Untergrund unserer Gesellschaft. Nicht die Minarette sind eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden - sondern eine falsche Einstellung dazu.

Autor: Klaus Krämer

Redaktion: Kay-Alexander Scholz