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Eine Frage des Preises

21. November 2011

Schnäppchen, Bonus, Upgrades und Upsells: Oft fragen sich die Kunden, was sie da vor sich haben. Die Anbieter scheinen es mitunter selbst nicht genau zu wissen, doch die neuere Forschung hat Antworten.

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Reisende stehen vor Plakaten, auf denen Preisnachlässe angekündigt werden.(Foto: AP)
Upgrades und Upsells - sind versteckte PreisnachlässeBild: AP

Da hat einer im Voraus erstklassige Konzertkarten gekauft, die er mit Gewinn verkaufen möchte. Später stellt er fest, dass er sich verkalkuliert hat und das Konzert kaum nachgefragt wird. Viel kann er da nicht mehr tun. Wenn er Glück hat, wird er die Karten noch los und kommt über den Verlust hinweg.

Transportunternehmen sollten die Sache jedoch weniger locker angehen. Denn wenn sie in letzter Minute Sitzplätze der ersten Klasse billiger als die der zweiten anbieten, könnten die Kunden anfangen, deren logisches Denken zu bezweifeln. Oder aber sie folgen der neuen Logik und buchen die Sitzplätze künftig so spät wie möglich. Sollte es das Sonderangebot dann jedoch nicht mehr geben, werden sie enttäuscht oder verärgert sein.

Wirkung von Upgrade und Upsell

Catalina Stefanescu-Cuntze, ESMT (Foto: ESMT)
Catalina Stefanescu-Cuntze, ESMTBild: ESMT

Was also macht der Anbieter, wenn sein Angebot an Premium‐Produkten bei schwankender Nachfrage höher als das des Niedrigpreissegments ist? Neue Forschungsergebnisse sehen die Antwort in der optimalen Nutzung von Upgrades und Upsells. Upgrade bedeutet die Aufwertung eines Produkts in eine höhere Kategorie, wobei der Preis für den Kunden gleichbleibt. Upsell heißt, der Anbieter verkauft statt der Niedrigpreis‐Variante ein etwas teureres Produkt.

Prinzipiell sind beide Methoden Instrumente zur Auslastung der Kapazität und Vermeidung leerer Plätze. Denn die Fixkosten für den Flug XY von Frankfurt nach Washington sind gleich, egal, ob das Flugzeug halb voll oder voll ist. Ähnliche Beispiele gibt es in der Freizeit‐ und Unterhaltungsindustrie, bei der Anzahl der Hotelbetten, Kabinen oder Theaterplätze. Zur besseren Auslastung kann der Anbieter in allen Fällen das preiswertere Produkt durch ein begehrteres ersetzen: Kreuzfahrtgäste, die eine Kabine ohne Meerblick gebucht haben, werden gern ein Upgrade zu einer mit Meerblick akzeptieren.

In der Regel sind Upgrades für den Kunden kostenlos, auch wenn einige Unternehmen bei Vertragsabschluss mitunter versuchen, ihre Kunden zum Kauf eines höherwertigen, attraktiv bepreisten Produkts zu bewegen. Auch Wiederverkäufer wie Reisebüros haben ein Interesse an Upgrades. Sie verkaufen ihre Produkte teils auf Provisionsbasis und je nach Anbieter mit variierenden Gewinnspannen. Da ist der Anreiz groß, den Kunden mit Upgrades jener Fluglinien und Hotels entgegenzukommen, die die höchsten Provisionen zahlen.

Mittel gegen die negative Langzeitwirkung

Doch Upgrades wie Upsells sind implizite Preisnachlässe und können in punkto Kundenerwartung Langzeitwirkung hervorrufen. Insbesondere betrifft das loyale Kunden, die die Konditionen ihres Anbieters kennen, woraufhin sie statt des hochwertigen Produkt gezielt eins von geringer Qualität wählen und erwarten, dass es aufgewertet wird.

Um sicher zu gehen, dass die Kunden nicht dauerhaft auf die Aufwertung eines Produkts spekulieren, gibt es mehrere Strategien: Die einfachste ist, die Upgrades offiziell auf einen bestimmten Zeitraum zu begrenzen. Eine andere ist, sie nur den Kunden zu gewähren, die ihren Wert für das Unternehmen bewiesen haben. Vor allem muss es darum gehen, sowohl limitierte und vergängliche Kapazitäten optimal zu nutzen als auch Marktanteile zu schützen. Als Ausnahme kann der Anbieter ein höherwertiges Restprodukt nur geringfügig teurer anbieten als das Produkt der geringeren Preiskategorie und einen Kunden glücklich machen, ohne die Beziehung bei späterem Ausbleiben des Angebots zu gefährden.

Nichts fürs Bauchgefühl

Normalerweise möchten Unternehmen Upgrades bis kurz vor Ende der Verkaufsgrenze hinauszögern, denn dann sind die Informationen über die Nachfrage mehr oder weniger komplett. Aber angesichts der möglichen Schwankungen sollten drei zusätzliche Kriterien beachtet werden:

1. Die Kundengruppen, die für Upsells und Upgrades in Frage kommen, müssen so genau festgelegt werden, dass sie die zugrunde liegende Systematik ebenso wie die Anbieter begreifen und keins der Angebote beliebig wirkt oder absurd wie im Fall der ersten Klasse, die billiger als die zweite ist.

2. Die Zeitpunkte für die einzelnen Angebote müssen optimal getaktet werden. Im Fall der erwähnten Konzertkarten kann zunächst auf die Daten der letzten Saison zurückgegriffen werden, um festzustellen, in welchem Monat Tickets einer bestimmten Kategorie zum besten Preis verkauft worden sind, um danach die Nachlässe zu staffeln.

3. Nach Gefühl sollten jedoch weder Upgrades noch Upsells angeboten werden; ebenso wenig sollten sie manuell gesteuert werden, sondern über automatisierte Preissysteme, die Angebot und Nachfrage in real time berechnen.

Zu unserer Gastautorin: Catalina StefanescuCuntze ist Associate Professor an der European School of Management and Technology (ESMT) und Forschungsdirektorin der ESMT. Ihre Forschung fokussiert sich auf das Design, die Analyse und die Anwendung von statistischen Modellen und Methoden der betrieblichen Entscheidungsfindung.

Redaktionelle Bearbeitung: Jutta Wasserrab