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Glaube

Eine Frau, die herausfordert - bis heute

27. April 2024

Katharina von Siena konnte kaum lesen und schreiben und wurde dennoch zur Kirchenlehrerin erhoben.Ihre tiefe Liebesbeziehung zu Gott konfrontiert uns auch mit dem eigenen Gottesbild. Ein Beitrag der katholischen Kirche.

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Italien Siena | Statue der Heiligen Katharina
Bild: Michelangelo Oprandi/CHROMORANGE/Imago Images

Ich bin Arenberger Dominikanerin – umgangssprachlich jedenfalls.  

Offiziell gehöre ich nämlich zur „Gemeinschaft der Schwestern der heiligen Katharina von Siena im Orden des hl. Dominikus in Arenberg“. 

Die hl. Katharina von Siena hat also nicht nur eine prominente Stelle im Namen unserer Gemeinschaft, sondern ist für uns ein ganz besonderes Vorbild und sozusagen unsere „große“ Schwester. Ihr Gedenktag wird von der Kirche am 29. April, ihrem Todestag, begangen. 

Katharina sagte über sich selbst: „Mein Wesen ist Feuer.“ Ja, so muss sie wirklich gewesen sein. Obwohl sie nicht besonders gebildet war und nur ein wenig lesen und schreiben konnte, sind dennoch heute über 300 Briefe von ihr überliefert (diese wurden vermutlich diktiert). Dabei scheute sie sich nicht auch Menschen von Rang und Namen wie Päpste, Fürsten, Königinnen und Äbtissinnen anzuschreiben und den Finger in die Wunde zu legen.  

Einiges aus ihrem Leben scheint uns fremd, regelrecht verstörend, so soll sie den „mystischen Tod“ gestorben sein, bei dem sie für Außenstehende wie tot wirkte, aber dabei eine tiefe Gotteserfahrung machte, sie trug die Wundmale Christi an ihrem Leib und soll von Christus in einer Vision einen Ring an die linke Hand gesteckt bekommen haben, der nur für ihre Augen sichtbar war. 

Bei all ihrem Tun, ihrem Eifer, ihren mystischen Erfahrungen und den harten Bußübungen, bin ich überrascht, dass Katharina ein unglaublich weites Gottesbild hat. Beispielsweise schreibt sie am Ende ihres Dialogs der göttlichen Vorsehung: 

„Du bist außer dir vor Liebe! Es genügte dir nicht, Mensch zu werden, sondern du wolltest auch sterben! (…) O Barmherzigkeit! Mein Herz versinkt im Gedanken an dich: Wohin ich meine Gedanken auch wende, finde ich nichts als Barmherzigkeit“ 

Sie bezeichnet Gott an mancher Stelle als „Narr der Liebe“, der liebestrunken nach seinem Geschöpf, nach seinem Menschen ist. Und ich glaube, so lässt sich umgekehrt das übereifrige Leben Katharinas verstehen, die ebenso sehnsüchtig Gott suchte. 

Sie schreibt in einem Gebet: „Du, ewige Dreifaltigkeit, bist ein tiefes Meer, in dem ich immer Neues entdecke, je länger ich suche. Und je mehr ich finde, desto mehr suche ich dich.“ 
 
Für mich wird hier deutlich, wie sehr sie in ihrem Leben eine Gottsucherin war und dass es auch für uns gilt, dieses Paradox immer wieder aushalten, dass die Suche nach Gott, der Hunger nach ihm nie gestillt, sondern vielmehr immer größer wird. Dass wir Gott letztlich nie fassen können und dennoch in einer Beziehung mit ihm stehen. 
 

Ich denke es kann eine gute Hilfe sein immer wieder zu überprüfen welchem Gottesbild ich wo begegne: in mir, in der Kirche, in der Bibel, im Leben, im Alltag und dieses nicht zu sehr an äußeren Übungen festzumachen. Vermeintlich „gute“ Taten, wie das Teilen mit den Armen kann schließlich auch aus einem engen Gottesbild entspringen, einem Gott, vor dem ich etwas leisten muss, den ich mit meinen Werken zufriedenstellen muss. Und gleichzeitig kann ein offensichtlich strenges Leben eine ganz tiefe und weite Spiritualität bergen. 

Vorstellungen von Gott und von Gottsuche ändern sich. Das war auch bei Katharina so. Von einem zurückgezogenen Leben ließ sie sich rufen in ein Leben mit großer Außenwirkung. 

Ihren Eifer für die Kirche, ihren Mut Päpsten die Leviten zu lesen und Missstände offen und ungeschönt darzulegen, ihre mystischen Erfahrungen und ihre asketischen Übungen – so deute ich es – entspringen alle jenem Gottesbild, der nichts als Barmherzigkeit, nichts als Liebe ist. 

Es lohnt sich einmal den Fragen nachzugehen, wie mein eigenes Bild von Gott ist, wie es sich vielleicht im Laufe der Jahre geändert hat oder womit ich meine Schwierigkeiten habe. An welchen Gott glaube ich? Und in welchem Bild drückt sich mein Verhältnis zu ihm am ehesten aus? Freund*in? Hirte? Bräutigam? Mutter? Bruder? 

 

Sr. M. Clarita Born, geboren 1997, trat nach dem Studium der Theologie und Umweltethik in die Gemeinschaft der Arenberger Dominikanerinnen ein und befindet sich zurzeit im Noviziat. Auf dem gleichnamigen Instagramkanal berichtet sie aus ihrem Alltag im Kloster. 

Dieser Beitrag wird redaktionell von den christlichen Kirchen verantwortet.