1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Eine Nation unter Waffen

Christina Bergmann25. April 2007

Nach dem Massaker von Virginia ist in den USA eine Waffendebatte in Gang gekommen. Im Moment sieht es so aus, als würde die Mehrheit der Amerikaner lieber auf ihre Persönlichkeitsrechte als auf ihre Waffen verzichten.

https://p.dw.com/p/AJS5
Waffengeschäft in Union City, Tennessee. Quelle: AP
Waffengeschäft in Union City, TennesseeBild: AP

"Da eine gut ausgebildete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden." Dieser zweite Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung von 1791 ist die Grundlage dafür, dass jeder unbescholtene Bürger in den USA eine Waffe kaufen darf. Nach Angaben der National Rifle Association, der Organisation der Waffenbesitzer, gibt es eine Waffe in knapp der Hälfte aller amerikanischen Haushalte.

Waffenkauf und Psyche

Mit 18 Jahren darf jeder in dem Bundesstaat, in dem er wohnt, ein Gewehr, mit 21 eine Handfeuerwaffe erwerben. Das gleiche gilt für die entsprechende Munition. Die Details legen die einzelnen Staaten fest. Da gibt es erhebliche Unterschiede - und nicht immer wird das Bundesrecht umgesetzt. So hätte zum Beispiel Cho Seung-Hui, der Anfang letzter Woche in der Virginia Tech 32 Menschen und dann sich selbst umbrachte, nach Bundesrecht keine Waffe kaufen dürfen. Er wurde 2005 von einem Richter für psychisch gestört und als Gefahr für sich selbst erklärt sowie in ambulante psychiatrische Behandlung überwiesen - nach Bundesrecht ein klarer Ausschlussgrund für den Waffenkauf. Nach dem Waffenrecht des Bundesstaates Virginia, in dem Cho wohnte, machte es jedoch einen Unterschied, dass er nur in ambulante Behandlung überwiesen wurde. Dadurch wurden seine Daten nicht in die bundesstaatliche Datenbank eingespeist. Als Cho beim Kauf der beiden Pistolen überprüft wurde, gab es demnach keinen Hinweis auf seine psychischen Probleme.

Ein Waffen-Stopp hat nicht viele Freude
Ein Waffen-Stopp hat nicht viele FreudeBild: AP

Robert McDonnell, Generalstaatsanwalt in Virginia, stellte nach dem Massaker fest, dass es diese Diskrepanz zwischen dem Gesetz von Virginia und dem des Bundes gebe und dass sie so schnell wie möglich abgestellt werden soll. "In Virginia haben wir exzellente Straf- und Waffengesetze", sagte er. "Wir haben eine der niedrigsten Kriminalitätsraten der Nation, wir haben hervorragende Sicherheitssysteme, wir gehören zu den Staaten, die die meisten Informationen über psychisch Kranke in die nationale Datenbank einspeisen, aber wir werden alles tun, um das noch zu verbessern."

"Nicht überreagieren"

Doch er sagte auch, man solle nach dem Massaker in der Universität einige Zeit vergehen lassen, denn: "Wir sind eine Nation, deren Grundrechte geschützt sind. Wir dürfen deswegen nicht überreagieren, wir dürfen unsere Rechte nicht einschränken aufgrund der Taten eines Irrsinnigen."

So dreht sich nach dem Blutbad in der Virginia Tech eine Diskussion über die Waffengesetze in der Regel nicht darum, das Recht auf Waffenbesitz in Frage zu stellen. Stattdessen sollen die Gesetze verschärft werden, nach denen der Erwerb von Waffen möglich ist. Sogar die Demokraten, die in der Regel für striktere Waffengesetze sind, wollen das Recht auf Waffenbesitz nicht grundsätzlich antasten - die Waffen- Lobby ist zu mächtig in Washington. Vor allem in den konservativen Staaten, die sie erst im November 2006 von den Republikanern erobert haben, wollen die Demokraten nicht riskieren, ihre neu dazu gewonnen Wähler zu vergrätzen.

"Risiko Sterblichkeit"

Stattdessen versuchen sie, sich mit kleinen Schritten zu behelfen. Die demokratischen Senatoren Charles Schumer und Carolyn McCarthy wollen ein Gesetz einbringen, das die Bundesstaaten dazu verpflichten soll, ihre Informationen über psychisch kranke Menschen in die bundesstaatliche Datenbank einzuspeisen. Bei Verstößen drohen Geldstrafen.

Dass das Gesetz durchkommt, dafür stehen die Zeichen gut. Aber weiter möchte niemand gehen. US-Gesundheitsminister Michael Leavitt warnte vor übereilten Schlüssen: "Wir reden hier darüber, wie man Sicherheit und Freiheit gegeneinander abwägt. Dies sind grundlegende Fragen der Gesellschaft und manchmal stellen wir fest, dass Sterblichkeit Risiken mit sich bringt, mit denen wir leben müssen, dass wir aber uns bemühen müssen, den Unzulänglichkeiten besser zu begegnen, die es in der Welt gibt."

Im Moment sieht es so aus, als würde die Mehrheit der Amerikaner lieber auf ihre Persönlichkeitsrechte als auf ihre Waffen verzichten.