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Eine verwöhnte Branche zieht die Notbremse

25. Dezember 2001

Anfang des Jahres waren Sender und Verlage noch guter Dinge: Aber dann kam alles anders: Ein Rückblick auf die Entwicklungen in der Medien-Branche im Jahr 2001.

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Sicher: Schon vor dem 11. September waren dunkle Wolken am Medien-Himmel aufgezogen. Der allgemeine Absturz der Konjunktur traf Sender und Verlage hart. Zudem hatte die Branche zuvor besonders stark vom New-Economy-Boom des Vorjahrs profitiert. Nach den Ereignissen vom 11. September waren dann die Weichen Richtung Rezession endgültig gestellt. Die auf ängstliche Verbraucher höchst empfindlich reagierende Werbebranche spürte die allgemeine Stimmung sofort. Deshalb wird erstmals seit langer Zeit 2001 der TV-Werbemarkt rückläufig sein.

Ende November reduzierte der größte deutsche TV-Konzern, die zur Kirch-Gruppe gehörende ProSiebenSAT.1 Media AG, zum dritten Mal innerhalb weniger Monate seine Prognosen nach unten. Der Berliner Sender SAT.1 ist damit dieses Jahr wieder in die roten Zahlen geraten. Nach Schätzungen wird es ein dreistelliger Millionenbetrag sein. Dagegen schlug sich der Münchner Spielfilm-Sender ProSieben achtbar. Das große Sorgenkind im Imperium von Leo Kirch ist jedoch weiterhin der Bezahlsender Premiere World.

PacMan aus Denver

Dennoch hat ein Mann Appetit auf Premiere World bekommen, der auf dem deutschen TV-Markt zum "Mann des Jahres" wurde. John Malone, Chef des US-Konzerns Liberty Media aus Denver, hat nach dem Kauf von rund 60 Prozent des Kabelnetzes der Telekom für 5,5 Milliarden Euro sein Interesse an der Übernahme des 22-Prozent-Anteils angemeldet, den Medienzar Rupert Murdoch an Kirchs Pay-TV-Sender hält. Im November hat dies Malone, der Großaktionär von Murdochs News Corporation ist, beim Kartellamt angemeldet.

Inzwischen macht die gesamte deutsche TV-Branche - von Bertelsmann (RTL-Gruppe) bis zu ARD und ZDF - Front gegen den Mann aus dem US- Bundesstaat Colorado: Denn dieser will künftig als Netzbetreiber im Kabel auch eigene Programme anbieten und könnte damit - wie die Sender fürchten - den Markt völlig in seinem Sinne umkrempeln. Jüngste Spekulation, die in Branchenkreisen und auch bei Kirch sehr ernst genommen wird: Murdoch könnte mit Hilfe Malones die durch ihre Milliardenschulden angreifbare Kirch-Gruppe übernehmen.

Notbremse im Online-Bereich

Leo Kirch, der im Oktober 75 Jahre alt wurde, scheint derweil verstärkt Gefallen am Zeitungsmarkt zu finden. In seinem ersten Interview seit Jahren kündigte der öffentlichkeitsscheue Medienmogul an, dass er über seine 40-Prozent-Beteiligung am Axel Springer Verlag angesichts mitmischen wolle. Er erwarte eine Fusionswelle bei der Konsolidierung des Zeitungsmarkts. Eine kleine Fusion meldete der Axel Springer Verlag dann gegen Ende des Jahres selbst: Im Rahmen des rigiden Spar- und Restrukturierungsprogramms werden Redaktionen und Verlage der traditionsreichen Berliner Blätter "Welt" und "Berliner Morgenpost" zusammengelegt.

Andere Großverlage haben vor allem im Online-Bereich, in den ohne entsprechenden Erfolg viele Millionen in den vergangenen Jahren geflossen sind, die Notbremse gezogen. Gruner+Jahr beschloss Ende November die Neuordnung des Internet-Geschäfts. Einsparungen und Stellenstreichungen sind angesagt. Überall. Denn die Krise, die den Zeitungen bei den Anzeigenumfängen in den ersten neun Monaten des Jahres zum Teil Verluste im zweistelligen Bereich brachte, hat inzwischen auch die mittelständischen Unternehmen erfasst.