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Eine Zukunft für den Kongo?

15. Januar 2002

Trotz eines Friedensvertrags brechen in der Demokratischen Republik Kongo immer wieder Kämpfe aus. Seit Dienstag (15.1.2001) treffen sich jetzt führende Oppositionspolitiker des Landes in Brüssel. Ein DW-Background.

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Vor einem Jahr (16.1.2001) fiel der Despot Laurant Désiré Kabila in der kongelesischen Hauptstadt Kinshasa einem Attentat zum Opfer. Sein unrühmliches Ende nach nur gut drei Jahren an der Macht in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), dem früheren Zaire, bedeutete eine kleine Zäsur in dem Riesenland in Zentralafrika. Denn mit dem gewaltsamen Tod des selbsternannten Herrschers bestand nach einer fast zweijährigen Pause (Abkommen von Lusaka, Juni 1999) wieder die Möglichkeit, die festgefahrenen Verhandlungen über eine dauerhafte Friedensregelung in der kriegs- und bürgerkriegsgeschüttelten DR Kongo zumindest wiederaufzunehmen. Dabei hatte Laurant Kabila nach dem Sturz des damals dienstältesten Diktators Mobut Sese Seko 1997 durchaus berechtigte Hoffnungen geweckt, das zerrissene und ausgeplünderte Land wieder einigen zu können und demokratische Prozesse einzuleiten.

Laurant Kabila kündigte bei der Machtübernahme ein Referendum über eine neue Verfassung und allgemeine Wahlen innerhalb von zwei Jahren an. Aber bereits Mitte 1998 zeichnete sich die neue Diktatur ab. Kabila trennte sich von den ruandischen Truppenführern, die ihm auf dem Marsch auf Kinshasa die notwendige militärische Unterstützung geliefert hatten. Und auch die wichtigste politische Partei, Union pour la Démocratie et le Progrés Social (UDPS) mit ihrer altgedienten und nicht unumstrittenen Leitfigur Etienne Tshisekedi, war zu schwach, Kabila in die Schranken zu weisen.

Im August 1998 begann der erste große Krieg in Afrika im Osten des Landes. Von Uganda, Ruanda und Burundi unterstützte Rebellen der Rassemblement Congolais pour la Démocratie (RCD) und das Mouvement pour la Libération du Congo (MLC) begannen den Marsch auf die Hauptstadt. Kabila schien bereits am Ende zu sein, als Mitgliedsstaaten der Southern African Development Community (SADC) dem Regime in Kinshasa militärisch zur Seite traten. Vor allen Dingen Zimbabwe, Angola und Namibia setzten massiv Truppen ein und retteten den Diktator. Zugleich weitete sich der Krieg aus und legte erst Mitte 1999 eine kurze Verschnaufpause ein, als das Lusaka-Abkommen geschlossen wurde. Die Rebellen der RCD und die Regierung unterzeichneten das Abkommen und machten so den Weg für UN-Militärbeobachter frei (Mission in the Democratic Republic of the Congo, MONUC), die über die Einhaltung des Abkommens wachen sollte.

Laurant Kabila war aber letztlich nicht an einer Teilung der Macht oder an einen politischen Dialog interessiert, auch wenn er nur ein Drittel der DR Kongo kontrollierte. Zwar nahm er die Ernennung des respektierten ehemaligen Präsidenten von Botswana, Ketumle Masire, zum Chefvermittler durch die Organisation for African Unity (OAU) hin, verweigerte aber jede Zusammenarbeit mit ihm.

Sein Nachfolger im Amt, sein Sohn Joseph Kabila, revidierte diese Haltung und sagt zumindest in diplomatischen Kreisen die richtigen Dinge. Dies hat dem Ansehen der kongolesischen Regierung gestärkt. Der Krieg im Kongo ist damit noch lange nicht beendet. Denn noch immer befinden sich mehrere Tausend Soldaten aus Angola, Ruanda und Zimbabwe auf dem Territorium der DR Kongo. Während sich Uganda weitgehend zurückgezogen und Angola seine Truppenstärke reduziert hat, baut Zimbabwe seine Militärpräsenz aus. Denn vor dem Hintergrund der Staats- und Wirtschaftskrise in Zimbabwe erwirtschaftet das Land zur Zeit nur mit seinem militärischem Einsatz im Kongo Devisen und stabilisiert zugleich den Sicherheitsapparat des jungen Präsidenten.

Die Konferenz in der belgischen Hauptstadt Brüssel steht unter keinem guten Stern, denn die beiden wichtigsten Parteien, die Union pour la Démocratie et le Progrés Social (UDPS) und die Forces Novatrices pour l´Union Sociale (FONUS) bleiben der Konferenz fern. Mit diesem Treffen steht auch die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Kolonialmacht Belgien auf dem Spiel, als geachteter Vermittler in diesem Kriegsgebiet akzeptiert zu werden. Zwar hat der Versuch Belgiens, seine koloniale Vergangenheit in Zentralafrika aufzuarbeiten, international Respekt und Anerkennung gefunden. Das gilt auch für die Justiz, die entsprechend eines Gesetzes von 1993 Völkermord oder auch jedes andere Verbrechen, wo immer es auch begangen worden ist, vor belgischen Gerichten ahnden zu können. Die ersten harten Urteile sind im vergangenen Jahr gegen ruandische Teilnehmer am Genozid in Ruanda ergangen. Aber diese Konferenz über die Zukunft der DR Kongo wird ausschließlich von Belgien veranstaltet und finanziert. Das heißt, Belgien hat die Konferenzteilnehmer eingeladen und alle anfallenden Kosten übernommen. Und es besteht der begründete Verdacht, dass Belgien mit seinem Alleingang versucht, den innerkongolesischen Dialog zugunsten der jetzigen Machtkonstellation mit Joseph Kabila an der Spitze zu beeinflussen. Dies würde sich in erster Linie gegen den Machtanspruch von Etienne Tshisekedi richten, der überzeugt ist, der einzig legitime Präsident der DR Kongo zu sein.

Heinrich Bergstresser