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Eine zweite Chance für Toll Collect

Marcel Fürstenau1. März 2004

Trotz der Pannenserie bei der Lkw-Maut will die Bundesregierung mit dem Betreiber-Konsortium Toll Collect weiter zusammenarbeiten. Die beteiligten Parteien sind zuversichtlich. Doch: Noch immer sind einige Fragen offen.

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Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe: Vorschläge gehen in "richtige Richtung"Bild: AP


Die Geduld von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) scheint sich doch noch auszuzahlen. Monatelang hatte er sich gescheut, den umstrittenen Maut-Vertrag mit dem Betreiber-Konsortium "Toll Collect" zu kündigen. Weshalb ihm seine Kritiker Entscheidungsschwäche vorwarfen.

Doch selbst nach der gescheiterten nächtlichen Verhandlungsrunde Mitte Februar mochte Stolpe die Hoffnung nicht aufgeben. "Das Beste wäre, wenn die Partner sich besönnen und sagten: 'Was haben wir da eigentlich vertan?'", so Stolpe. "Wie relativ leicht wäre es für solche Unternehmen, die viele Milliarden schwer sind, gewesen, das auszubügeln und zu einer Verständigung zu kommen."

Bundeskanzleramt eilt zur Hilfe

Genau das ist nun unter Mithilfe des Bundeskanzleramtes geschehen. In einer abgespeckten Version soll die LKW-Maut Anfang 2005 gestartet werden, die endgültige Variante ein Jahr später. Um die technischen Probleme zu lösen, wird der Siemens-Konzern enger in das Maut-Projekt eingebunden, ohne in den Gesellschafter-Kreis einzutreten. Der setzt sich weiterhin zu je 45 Prozent aus DaimlerChrysler und der jetzt die Führungsrolle übernehmenden Telekom zusammen. Die restlichen zehn Prozent hält der französische Autobahnbetreiber "Cofiroute".

Der Telekom-Vorstandvorsitzende Kai-Uwe Ricke gab sich nach der Verständigung am Sonntag Abend zuversichtlich: "Wir wollen und werden das Maut-Projekt zum Erfolg bringen. Das ist im Interesse des Unternehmens, des Konsortiums und natürlich im Interesse des Standorts Deutschland."

Schröder: "Kompromiss ist ausgewogen"

Ähnlich äußerten sich DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp und Bundeskanzler Gerhard Schröder, der den nun ausgehandelten Kompromiss als ausgewogen bezeichnete. "Wir wollen und wir werden in Deutschland, Europa und darüber hinaus zeigen, dass am Innovationsstandort Deutschland ein solches System erfolgreich etabliert werden wird", so Schröder. "Das ist unser fester Wille und dem werden wir gerecht werden."

Konkret haben sich beide Seiten darauf geeinigt, dass im Falle eines Misserfolgs der abgespeckten Maut-Version das Betreiber-Konsortium "Toll Collect" mit einer Vertragsstrafe von bis zu 780 Millionen Euro rechnen muss. Für weitergehende Schadenersatz-Forderungen wurde eine Obergrenze von einer Milliarde Euro vereinbart.

Ab dem Jahre 2006, dem Datum für die jetzt vorgesehene Vollversion der Maut, gilt dann eine unbegrenzte Haftung. Außerdem verzichtet das Betreiber-Konsortium auf fünf Prozent der zunächst vereinbarten Einnahmen aus dem Maut-Betrieb.

Haftungsfrage noch ungeklärt

Ungeklärt ist noch die Haftungsfrage für die dem Bund entgangenen Einnahmen seit dem ursprünglich vorgesehenen Maut-Start im Spätsommer des vergangenen Jahres. Damit wird sich ein Schiedsgericht befassen, das nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums wegen offener juristischer Fragen erst in einigen Wochen zusammentreten kann.

Mit anderem Worten: es bedurfte der Vertrags-Kündigung durch die Bundesregierung und der heftigen Kritik an Politik und Wirtschaft, um den jetzt erzielten Kompromiss zu ermöglichen. Dazu passt, dass DaimlerChrysler auf ein Schlichtungsverfahren verzichten will, um das Projekt zu beschleunigen. Mit der LKW-Maut wolle sein Unternehmen auch Verantwortung für den Standort Deutschland übernehmen, sagte Schrempp.

Fela hält sich zurück

Derweil will der Schweizer Autobahn-Betreiber "Fela" zunächst auf juristische Schritte verzichten. Man rechne damit, beim Aufbau des Systems noch zum Zuge kommen zu können, begründete "Fela"-Chef Ernst Uhlmann seine Haltung laut Agenturmeldungen. Im Bieter-Verfahren um das lukrative deutsche Maut-System waren die Schweizer unterlegen.