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Einigung über Verfassungsreform in Armenien

7. Juli 2005

Jerewan hat die Empfehlungen des Europarates zur Verfassungsreform umgesetzt. Deswegen hebt die Opposition des Landes ihren Boykott der Parlamentsarbeit auf. Jetzt scheint der Weg frei für ein Verfassungs-Referendum.

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Präsident Robert Kotscharjans Macht soll eingeschränkt werdenBild: dpa

Am Dienstag (5.7.) hat Armenien zum 10. Mal den Tag der Verfassung begangen - und gerade jetzt hat sich im Land erstmals seit vielen Jahren eine Situation ergeben, in der die Positionen der Regierung und der Opposition in wichtigen Staatsfragen übereinstimmen. Die Verfassungsreform führte letztendlich zu einer Einigung zwischen der Regierung und der Opposition, welche das Parlament fast zwei Jahre lang boykottiert hatte. Bei der Reform handelt es sich um ein Paket von Verfassungsänderungen, die unter aktiver Beteiligung der Oppositionskräfte erarbeitet wurden. Die Vertreter der Opposition kehren jetzt wieder in das Parlament zurück.

Opposition beteiligt sich an Reform

Der oppositionelle Abgeordnete Schawarsch Kotscharjan sagte der Deutschen Welle, die Vorschläge der Opposition zur Verfassungsreform stimmten mit den Empfehlungen der so genannten "Venedig-Kommission" des Europarates völlig überein. Da auch die Staatsmacht jene Empfehlungen akzeptiert habe, werde sich die Opposition an der Verfassungsreform beteiligen. Das Parlament, in dem die Regierungskoalition über eine Mehrheit verfügt, hatte einen Entwurf zur Verfassungsreform verabschiedet, der von der Venedig-Kommission äußerst negativ bewertet wurde.

Kritik an der Machtfülle des Präsidenten

Die Experten übten Kritik an Bestimmungen zur Aufteilung der Befugnisse zwischen den Staatsgewalten, an Artikeln über die Unabhängigkeit der Justiz und an der Reform der Strukturen der lokalen Selbstverwaltung. Die Macht des Präsidenten war praktisch uneingeschränkt. Die oppositionellen Parteien im Parlament hatten deswegen die Öffentlichkeit aufgefordert, den von der Regierungskoalition vorgelegten Entwurf zur Verfassungsreform bei dem Referendum abzulehnen. Jetzt, wo die Chance bestehe, eine Verfassung zu erhalten, die europäischen Standards entspreche, werde die Opposition die Bevölkerung aufrufen, mit "Ja" zu stimmen, sagte Schawarsch Kotscharjan der Deutschen Welle. Eine demokratische Verfassung sei der Opposition wichtiger als der Kampf gegen die Staatsmacht, sagte der Abgeordnete.

Volksentscheid im November

Die Verfassungsänderungen, mit denen sowohl die Staatsmacht als auch die Opposition zufrieden sind, werden in den kommenden Tagen der "Venedig-Kommission" des Europarats vorgelegt. Bis zum 20. Juli wird eine Antwort aus Straßburg vorliegen. Schon Ende August wird eine Sondersitzung des Parlaments stattfinden, auf der die Verfassungsänderungen verabschiedet werden sollen. Die Verfassungsreform hat ihre Abschlussphase erreicht. Im November wird ein Referendum stattfinden. Wenn es erfolgreich verlaufen wird, werden die Befugnisse des Präsidenten wesentlich eingeschränkt.

Aschot Gasasjan, Jerewan
DW-RADIO/Russisch, 5.7.2005, Fokus Ost-Südost