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OECD-Studie

19. Juni 2007

Während sich in anderen Ländern die Lohnschere nicht öffnet, klafft in Deutschland eine immer größere Lücke zwischen den Einkommen. Dies zeigt eine aktuelle Studie der OECD.

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Friseurin bei der Arbeit, Quelle: dpa
In der deutschen Friseur-Branche werden besonders niedrige Löhne gezahltBild: PA/dpa

Die Einkommensschere in Deutschland ist in den letzten Jahren im internationalen Vergleich überdurchschnittlich weit auseinander gegangen. Nach einem am Dienstag (19.6.07) veröffentlichten Beschäftigungsausblick der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verdienten Spitzenkräfte im Jahr 2005 im Schnitt 3,1 Mal so viel wie die zehn Prozent mit den niedrigsten Löhnen. 1995 waren es nur 2,8 Prozent Mal so viel. Nur in Ungarn, Polen, Südkorea und Neuseeland sei die Lohnschere zwischen 1995 und 2005 noch weiter auseinander gegangen, teilte die OECD mit.

Anteil der Löhne an Wirtschaftsleistung gesunken

In Frankreich, Finnland, Japan, Schweden und den Niederlanden seien die Einkommensunterschiede in diesem Zeitraum dagegen kaum gestiegen. In Spanien und Irland seien die Löhne für Geringverdiener sogar schneller gewachsen als für Spitzenkräfte, erklärte die OECD. Zugleich sank der Anteil der Löhne an der Wirtschaftsleistung in Deutschland überdurchschnittlich schnell: von 59,8 auf 56,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. In den 20 OECD-Ländern ging diese Quote insgesamt dagegen nur von 61,6 auf 59,6 Prozent zurück.

Positiv ist, dass die Beschäftigungsquote in Deutschland den Angaben zufolge etwas stärker als der OECD-Durchschnitt gestiegen ist. Allerdings sei in Deutschland einer von zwei Arbeitslosen länger als ein Jahr ohne Beschäftigung. Dieser Wert liege in der OECD nur in der Slowakei höher. Deutschland sollte Arbeitnehmer stärker und effektiver dabei unterstützen, die Herausforderungen der neuen globalen Ökonomie zu meistern, mahnte die OECD.

OECD für Steuerfinanzierung des Sozialsystems

Um die Arbeitseinkommen zu entlasten, schlägt die OECD eine stärkere Steuerfinanzierung des Sozialsystems vor. "Vor allem bei der Kranken- und Pflegeversicherung, wo die geleisteten Beiträge nicht den Umfang der Leistungen bestimmen, könnte eine Steuerfinanzierung zu einer Entlastung der Arbeitseinkommen führen", hieß es.

Geringere Sozialabgaben für untere Lohngruppen könnten sich zudem positiv auf die Beschäftigung auswirken. Zur Gegenfinanzierung eigne sich die Mehrwert- oder die Einkommenssteuer. "Die Entscheidung, Teile der Mehrwertsteuererhöhung für eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu nutzen, ging in die richtige Richtung", erklärte der OECD-Beschäftigungsexperte Raymond Torres.

Zugleich empfahl die Studie, den Wechsel in neue Arbeitsplätze zu erleichtern, ohne den Beschäftigten die soziale Sicherheit zu nehmen. Als Beispiel nannte die OECD Österreich, wo Arbeitgeber regelmäßig für jeden Beschäftigten Beiträge auf ein individuelles Konto zahlen. Bei einem Arbeitsplatzverlust können diese Mittel statt einer Abfindung genutzt oder auf den neuen Job übertragen werden. Wird das Geld während der Erwerbszeit nicht in Anspruch genommen, dient es als Zusatzrente. (tos)