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Einsatz von Wahlcomputern gestoppt

3. März 2009

Das Bundesverfassungsgericht hat den Einsatz von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl 2005 für verfassungswidrig erklärt. Für die nächsten Wahlen sollen daher nur Papier und Kugelschreiber zum Einsatz kommen.

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Ein Mitarbeiter eines Kölner Wahlamtes demonstriert einen Wahlcomputer der Firma Nedap (Foto: AP)
Auf die Abstimmung per Computertastatur müssen die Wähler erst einmal verzichtenBild: AP

Der Einsatz von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl 2005 war verfassungswidrig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag (03.03.2009) in Karlsruhe. Die Verwendung der Geräte habe gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl verstoßen, heißt es in dem Urteil. Die elektronische Auszählung der Stimmen sei vom Wähler nicht kontrollierbar gewesen.

Die Richter monierten, anders als bei der traditionellen Wahl hätten sich die Wähler nach der elektronischen Stimmabgabe nicht mehr vergewissern können, wen sie gewählt hätten. Die Bürger müssten aber die zentralen Schritte der Wahl ohne besondere technische Vorkenntnisse zuverlässig nachvollziehen und verstehen können, so die Richter.

Nächste Wahlen wieder mit Papier und Kugelschreiber

Die Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungerichts, von links: Lerke Osterloh, Rudolff Mellinghoff, Herbert Landau, Andreas Vosskuhle, Michael Gerhardt und Siegfried Bross betreten am Dienstag, 3. März 2009, den Gerichtssaal in Karlsruhe (Foto: AP)
Laut Urteil der Karlsruher Richter war der Einsatz von Wahlcomputern 2005 verfassungswidrigBild: AP

Dem Urteil zufolge bleibt die Bundestagswahl 2005 aber gültig. Es lägen keine Hinweise auf Fehler oder Manipulationen an den Wahlgeräten vor, deshalb habe der "Bestandsschutz" der gewählten Volksvertretung Vorrang. Bei den Wahlen im laufenden Jahr wird aller Voraussicht nach wieder mit Papier und Kugelschreiber gewählt, wie der Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses im Bundestag, Thomas Strobl, nach der Urteilsverkündung mitteilte.

Geklagt hatten ein Physiker und sein Vater, ein emeritierter Politikwissenschaftler mit Erfahrungen als Wahlbeobachter im Ausland. Sie hatten zunächst Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundestag erhoben. Als diese scheiterte, zogen die beiden vor das Bundesverfassungsgericht. Die Richter sprachen sich zwar nicht grundsätzlich gegen den Einsatz elektronischer Geräte aus, setzten diesem aber enge Grenzen.

Symbolgrafik zum Ablauf einer Wahl mittels Wahlcomputer (Foto: DW-Grafik)
Ablauf einer Abstimmung mittels Wahlcomputer (DW-Grafik)

Kommunen brauchen mehr Wahlhelfer

Selbst Internetwahlen seien keine "verfassungsrechtlichen Riegel vorgeschoben", sagte der Vizepräsident des Verfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, bei der Urteilsverkündung. Voraussetzung für den Einsatz elektronischer Gräte sei allerdings, dass der Grundsatz der "Öffentlichkeit der Wahl" peinlich beachtet werde. Nach Angaben Strobels müsse das Bundesinnenministerium jetzt erst neue technische Möglichkeitenprüfen lassen und dann genehmigen. Die bisher verwendeten Geräte der niederländischen Bauarten Nedap ESD1 und ESD2 dürfen demnach nicht mehr verwendet werden.

Bei der Bundestagswahl 2005 hatten an den 1800 Geräten rund zwei Millionen Bürger gewählt. Die Kommunen, in denen Wahlcomputer eingesetzt worden waren, hatten deutlich weniger Wahlhelfer benötigt als bei der herkömmlichen Stimmabgabe. Nun muss die Zahl der Helfer wieder aufgestockt werden. Der Bundeswahlleiter teilte mit, die Kommunen hätten bis zur Europawahl im Juni genug Zeit, um nach Wahlhelfern zu suchen. (kis)