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Hartes Vorgehen gegen Kritiker

2. Juni 2014

Auch nach einem viertel Jahrhundert soll niemand an die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung in China erinnern. Wer das doch tut, wird eingeschüchtert - oder verschwindet einfach.

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Ein chinesisches Bürger stellt sich am 4. Juni 1989 auf der Straße des ewigen Friedens in Peking einer Panzerkolonne entgegen (Foto: AP)
Bild: Jeff Widener/AP

Vor dem 25. Jahrestag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking sind in China Dutzende Kritiker festgenommen, unter Hausarrest gestellt, verhört oder eingeschüchtert worden. Die Menschenrechtsgruppe Chinese Human Rights Defenders (CHRD) hat nach Angaben vom Montag 64 Fälle dokumentiert. Darunter seien 36 Festnahmen und eine bestätigte Verhaftung.

"Wachsende Einschüchterung" ausländischer Medien

Massiver Druck wird auch auf ausländische Journalisten in China ausgeübt - offensichtlich um ihre Berichterstattung über den Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 zu behindern. Der Auslandskorrespondentenclub (FCCC) beklagte in Peking "wachsende Belästigung und Einschüchterung ausländischer Medien". Er zeigte sich "tief besorgt", dass die Polizei ausländische Journalisten und ihre chinesischen Mitarbeiter einbestellt und vor laufender Kamera belehrt und verwarnt habe. Einigen seien "ernste Konsequenzen" und der Entzug der Akkreditierung angedroht worden, berichtete die Journalistenvereinigung. Der FCCC warf den Behörden eine Verletzung der seit 2008 geltenden Regeln für ausländische Korrespondenten vor, wonach außer der Einwilligung der Gesprächspartner keine weitere Genehmigung für Interviews nötig ist.

Laut Hongkonger Medienberichten wurde auch der Bürgerrechtler Bao Tong festgesetzt. Der frühere Sekretär des 1989 gestürzten reformerischen Parteichefs Zhao Ziyang sei aus seiner Pekinger Wohnung verschwunden, wo er ohnehin unter ständiger Beobachtung stand.

Keine öffentliche Diskussion

Begonnen hatten die Demonstrationen mit zeitweise einer Million Menschen in Peking nach dem Tod des 1987 als KP-Chef entmachteten Reformpolitikers Hu Yaobang am 15. April 1989. Studenten, Journalisten und später auch Arbeiter forderten seine Rehabilitierung, kritisierten Korruption und Vetternwirtschaft. Rufe nach Freiheit und Demokratie kamen hinzu. In mehr als 80 Städten schlossen sich Menschen der Protestbewegung an. Die Massendemonstrationen endeten mit einem Blutbad: Die Regierung verhängte das Kriegsrecht und ließ die Armee auf die Demonstranten schießen. Bis heute ist die Zahl der Toten und Verletzten nicht bekannt. Die kommunistische Führung räumte ein, es seien Hunderte Menschen getötet worden. Menschenrechtler und Journalisten schätzen die Zahl der Opfer jedoch auf einige Tausend.

Öffentliche Diskussionen über das Blutbad lässt der Staat zensieren, in Geschichtsbüchern und auf Internetseiten in China herrscht ein Informationsvakuum. Gerade junge Menschen wissen daher wenig bis nichts über die Geschehnisse vor 25 Jahren. Gedenkveranstaltungen sind strikt verboten, lediglich in der vergleichsweise liberalen Sonderverwaltungszone Hongkong finden sich alljährlich mehr als 100.000 Menschen zu einer Kerzenandacht zusammen.

cr/se (dpa, afp)