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Politik

EKD: Geteilte Stimmung zu Flüchtlingen

Konstantin Klein
12. Mai 2017

Seitdem im Herbst 2015 zahlreiche Flüchtlinge kamen, hat sich die Einstellung der Deutschen zu den Neuankömmlingen nicht sehr verändert; die Hilfsbereitschaft bleibt gleich. Im Osten überwiegt die Skepsis.

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Berlin München ICE Ankunft der Flüchtlinge im Herbst 2015
Herbst 2015: Willkommenskultur in PlakatformBild: Getty Images/C. Koall

Zuversichtlich oder skeptisch - die Deutschen in Ost und West stehen Menschen, die auf der Flucht nach Deutschland gekommen sind, unterschiedlich gegenüber. Die Meinungen haben sich dabei seit dem ersten Eintreffen der zahlreichen Neuankömmlinge im Herbst 2015 nicht wesentlich geändert - das ist das aktuelle Ergebnis einer Langzeitstudie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In bisher fünf repräsentativen Telefonumfragen, der ersten Ende 2015, der letzten im April dieses Jahres, haben Demoskopen jeweils rund 2000 Männer und Frauen nach ihren Erfahrungen mit Flüchtlingen und ihrer Einschätzung der Lage befragt.

Dabei sagten 36,7 Prozent der Befragten, dass Deutschland die Herausforderungen, die aus der Migrationsbewegung entstehen, "ganz sicher" oder wahrscheinlich bewältigen würde; 31,6 Prozent bezweifelten das eher. Bei der ersten Befragung im Jahr 2015 war das Verhältnis bundesweit noch umgekehrt, die Skeptiker waren in der Mehrheit. Im Osten Deutschlands ist das auch heute noch so.

Infografik Umfrage zur Herausforderung Flüchtlinge DEU
Zuversicht oder Skepsis?

Trotz der erklärten Skepsis engagieren sich im Osten Deutschlands mehr Menschen für Flüchtlinge als im Westen: 7,7 Prozent der Ostdeutschen waren in der einen oder anderen Art für Flüchtlinge aktiv, gegenüber 7,4 Prozent der Westdeutschen. "Dieses Engagement verdient große Anerkennung, gerade angesichts der dort vorherrschenden Skepsis der Mehrheit der Bevölkerung", sagt die Sozialwirtin Petra-Angela Ahrens, die die Studie in Bonn vorstellte. "Alles in allem ist das Engagement der Bevölkerung ungebrochen."

Abschiebung "in jedem Fall" - aber mit Ausnahmen

Erstmals wurde nach der Meinung der Befragten zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber gefragt. 39 Prozent der Befragten sagten, abgelehnte Asylbewerber sollten "in jedem Fall" abgeschoben werden. Auf Nachfrage konnte sich jedoch auch eine Mehrheit dieser 39 Prozent vorstellen, Asylbewerber unter der Bedingung zu dulden, dass sie sich eine Existenz in Deutschland aufgebaut hätten, mehrere Jahre im Land lebten und gut integriert seien. Auch der Familienzusammenhalt ist für eine knappe Mehrheit derer, die sich zunächst für eine unbedingte Abschiebung ausgesprochen hatten, ein möglicher Grund zur Duldung. "Blickt man auf die konkreten Kontexte und Konsequenzen von Abschiebungen, zeigt sich eine breite humanitäre Grundhaltung in der Bevölkerung", so Ahrens.

Infografik Umfrage zur Erfahrung mit Flüchtlingen DEU
Positive Erfahrungen überwiegen

Der direkte Kontakt macht es den Deutschen offenbar leichter, positiv über Flüchtlinge zu denken. Bei der ersten Umfrage 2015 gab noch mehr als die Hälfte der Befragten an, keinen Kontakt mit Flüchtlingen gehabt zu haben. 26 Prozent sagten damals, ihre Erfahrungen seien positiv gewesen, 8,5 Prozent berichteten von negativen Erfahrungen. Im April 2017 hatte nur noch ein knappes Drittel der Befragten keine Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht. Der Anteil derer mit schlechten Erfahrungen blieb dabei nahezu gleich, während fast 36 Prozent von guten Erfahrungen berichteten.

Die Besorgnis bleibt

Gute Erfahrungen bewirken jedoch nicht, dass die Sorgen der Deutschen geringer werden. So befürchten mehr als zwei Drittel der Befragten, dass die Zahl extremistischer Muslime in Deutschland ansteigen könnte, fast zwei Drittel glauben an ein Ansteigen der Kriminalität, und mehr als ein Drittel, dass die muslimische Kultur den Alltag der Deutschen dominieren werde.

Zurückgegangen ist dagegen die Sorge, dass Behörden und Polizei nicht Herr der Lage wären: 54 Prozent waren dieser Meinung, gegenüber 64 Prozent bei der ersten Fragerunde.

Manfred Rekowskin
Manfred Rekowski: "Nicht über jedes Stöckchen springen"Bild: Landeskirchenamt/Uwe Schinkel

Manfred Rekowski, Präses der EKD im Rheinland, sagte bei der Vorstellung der Studie, Flüchtlinge seien das "Opfer einer verfehlten Politik". Angesichts der Rhetorik im deutschen Wahljahr 2017 (drei Landtagswahlen, eine Bundestagswahl) dürfe man "in der Flüchtlingsdebatte nicht über jedes Stöckchen springen"; es gehe nicht darum, "Maßnahmen zu kommentieren", man müsse sich stattdessen mit Maßstäben befassen. Dabei gehe es der Evangelischen Kirche aber auch darum, mit Menschen in Verbindung zu bleiben, die in der Flüchtlingsfrage eine andere Meinung vertreten. "Das ist mühsam", sagte Rekowski, "und manchmal ist es auch eine Begegnung der Dritten Art."