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El del Bombo

Peter Wozny26. Juni 2012

"Die Blechtrommel" ist wohl das bekannteste Musikinstrument, das mit Danzig in Verbindung gebracht wird. Auch wenn sie nur im Roman von Günter Grass existiert. Während der EM hat sie allerdings Konkurrenz bekommen.

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Der spanische Fan Manolo mit Trommel (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wo ist Manolo el del Bombo – Manolo mit der Trommel? Mein Blick wandert über den spanischen Fanblock. Sehen kann ich ihn noch nicht, aber hören. Manuel Cáceres Artesero ist einer der bekanntesten Fußballfans der Welt. Mit seinem XXL-Baskenhut und der riesigen Trommel (El Bombo) – sie ist etwa dreimal so groß ist wie die der Romanfigur Oskar – folgt Manolo der spanischen Nationalmannschaft auf Schritt und Tritt. Und das schon seit der Weltmeisterschaft 1982. Damit feiert er jetzt bei der EURO sein 30-jähriges Dienstjubiläum. Dreimal trommelte er dabei in Danzig, der "Blechtrommel"-Stadt.

Viele Jahre Frust

Ich habe Manolo zum ersten Mal vor 15 Jahren getroffen, in seiner Bar in Valencia. Die zählt mittlerweile neben der Seidenbörse und der Kathedrale zu den größten Touristenmagneten der Stadt. Damals nahm er sich mehrere Stunden Zeit, um mit mir und einem Freund über Fußball zu reden. Und er erzählte uns viel von seinen Erlebnissen als Trommler der spanischen Nationalelf. Das war lange Zeit ein frustrierender Job. Denn das Team hatte zwar gute Spieler, doch einen Titel holte Spanien nie. Vor der WM 2006 in Deutschland machten einige spanische Fußballfans in Manolo den Schuldigen für die Erfolglosigkeit ihrer Nationalmannschaft aus und forderten den spanischen Fußball-Verband auf, ihn vom Team fernzuhalten. Der vermeintliche Seuchenvogel reiste schon seit Jahren kostenlos mit der Auswahl, war ihr Maskottchen, verpasste in all den Jahren nur ein einziges Spiel, wegen einer schweren Grippe.

Fans wollten Manolo loswerden

Manolo durfte bleiben und fand schließlich 2008 den richtigen Rhythmus. Spanien wurde Europameister. Bei der WM 2010 traf ich ihn auf dem Flughafen von Durban, nachdem Spanien gegen Deutschland im Halbfinale gewonnen hatte. Wenn Spanien Weltmeister würde, könne er aufhören, sagte er damals augenzwinkernd. Doch er blieb wiederum und nun trommelt er sich durch diese EM.

Der spanische Fan Manolo mit Trommel auf der Tribüne. (Foto: dpa)
Trommeln aus Leidenschaft – Manolo, der zwölfte Mann der SelecciónBild: picture-alliance/dpa

Mittlerweile habe ich ihn entdeckt: Block T, genau gegenüber. Dorthin zu kommen wird nicht einfach sein, doch ich möchte einmal erleben, wie die Stimmung in dem Block ist, der vom bekanntesten Fußballtrommler beschallt wird. Viele Spanier sagen, es hätte eine besondere Magie.

Werbeverträge für den Trommler

Manolo ist nun 63 Jahre alt. Doch sein Trommeln ist noch deutlich durchs ganze Stadion zu hören. Seine Leidenschaft hat ihn in früheren Jahren viel Geld gekostet. Heute verdient er daran. Werbeverträge unter anderem mit einer Supermarktkette, einer spanischen Sportzeitung oder einer polnischen Brauerei hat er sich bereits ertrommelt. Außerdem fragen mittelamerikanische Nationen an, ob er sie bei wichtigen Spielen als Trommler unterstützt. Auch deshalb hat sich Manolo eine gewisse Fußballdiplomatie zugelegt, die ihn nie ein schlechtes Wort über ein anderes Team verlieren ließe.

Endlich im spanischen Block angekommen hat Manolo bereits den Standort gewechselt. Das macht er gerne, damit auch wirklich überall Stimmung aufkommt. Doch er ist deutlich zu hören und so finde ich ihn schnell wieder. Sobald er trommelt, drängen sich seine Landsleute um ihn. Ich drängle mich durch die Massen. Dann fällt das 1:0 für Spanien. Einige Fans in Manolos Nähe zünden bengalische Feuer, so dass auch ein ganzer Tross an Sicherheitsleuten in den Block stürzt. Mittendrin trommelt Manolo. Jetzt geht nichts mehr. Ich trete den Rückzug an, warte vor dem Block. Als Manolo nach dem Schlusspfiff rauskommt, ist er sofort umringt von hunderten Fans, die ein Foto von ihm machen wollen.

EM-Reporter Peter Wozny aus dem DFB-Quartier in Danzig, 06.06.2012; Copyright: privat
EM-Reporter Peter WoznyBild: privat

Hat Manolo jemals "Die Blechtrommel" gelesen?

Ein kurzes Gespräch führen wir trotzdem: Ja, er glaube schon, sich an mich zu erinnern – was der diplomatische Manolo wahrscheinlich zu jedem sagt, der ihn auf ein früheres Treffen anspricht. Ja, Spanien kann Europameister werden, aber die Deutschen sind auch nicht schlecht. Und: Nein, "Die Blechtrommel" von Günter Grass hat er nie gelesen.