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Elefant im Porzellanladen

Udo Bauer22. Februar 2002

Weltweit wird US-Präsident Bush für seine Kampfrede über die "Achse des Bösen", bestehend aus Iran, Irak und Nordkorea, gescholten. DW-TV-Korrespondent Udo Bauer über die Hintergründe der amerikanischen Rhetorik.

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Es bringe keinen Fortschritt, so der deutsche Außenminister Joschka Fischer, wenn Irak, Iran und Nordkorea in einen Topf geschmissen würden. Hier spricht der oberste Boss aller deutschen Diplomaten. Joschka auf der Oppositionsbank hätte wohl gesagt: Bush hat die Wiedervereinigungsbemühungen Südkoreas gefährdet, den Reformern im Mullah-Staat geschadet und die Anstrengungen der Europäer, diplomatisch auf den irakischen Diktator einzuwirken, zunichte gemacht.

Aber natürlich hat Fischer nicht unrecht: Denn in der Tat haben die drei 'Schurkenstaaten', als die sie den Amerikanern gelten, nichts miteinander zu tun, außer, dass sie die USA schon seit Jahrzehnten ärgern. Die Nordkoreaner arbeiten offenbar erfolgreich daran, Langstreckenraketen zu entwickeln, die Iraner unterstützen nach Auffassung von US-Geheimdiensten den internationalen Terrorismus und Irak entwickelt nach Angaben aus den gleichen Quellen Massenvernichtungswaffen. Weitere Gemeinsamkeiten oder gar Koalitionen zwischen diesen Ländern gibt es nicht. Im Gegenteil: Sie können sich aus vielerlei Gründen nicht ausstehen. Wo aber meint Bush die 'Achse' zu erkennen?

Innenpolitische Rhetorik

Die Achse gibt es zuhause in den USA: Sie besteht aus Rüstungslobby, Raketenabwehrlobby und den Zwischenwahlen zum Kongress. Aber eins nach dem anderen: Die Rüstungskonzerne, die 'ihren' Mann im Weißen Haus glauben platziert zu haben, brauchen Feindbilder und Bedrohungsszenarien, am liebsten einen (Ost-)Block, ein 'Reich des Bösen' (Reagan) oder zur Not auch eine 'Achse' (Bush junior), damit Öffentlichkeit und Kongress immer weitere Aufrüstungsanstrengungen abnicken. Dann gibt es die Raketenabwehrlobby, bestehend aus der gesamten Administration und diversen Konzernen.

Trotz des Anti-Terror-Krieges und trotz prognostizierter Defizite im Haushalt genießt die nationale Raketenabwehr immer noch eine hohe Priorität bei der Bush-Regierung. Sie ist umso leichter durchzusetzen, je konkreter die potentielle Gefahr dargestellt wird. Und es gibt die Zwischenwahlen zum Kongress, die Mitte des Jahres stattfinden und die die Republikaner unbedingt gewinnen wollen. Genauer: Es gilt die Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu halten und den Senat zurückzuerobern.

Im Moment sieht das für die Republikaner ganz gut aus, zumal die Nation Präsident Bush zur Zeit mit Rekordzustimmung bedacht hat. Jetzt heißt die Parole 'Nur nicht nachlassen und den Schwung des Afghanistanfeldzuges nutzen!'. Ein erfolgreicher Krieg gegen den Irak wäre da genau das Richtige. Danach schreien sogar einige Demokraten, wie zum Beispiel die Möchtegernpräsidenten Al Gore und Joseph Liebermann, und von denen will man sich auf keinen Fall rechts überholen lassen.

Störende Kritik

Die kritischen Töne von den Freunden aus Übersee ärgern die Amerikaner natürlich. Vor allem die "weichen Knie der Europäer", wie ab und an zu hören ist. Schurken, das glauben die Amerikaner aus der Geschichte gelernt zu haben, muss man hart rannehmen. Also schicken sich die USA jetzt an, weltweit Reklame zu machen für eine Kampagne zunächst gegen Irak. Aber machen wir uns nichts vor: Selbst, wenn ihnen diesmal keine 'uneingeschränkte Solidarität' signalisiert wird, selbst dann werden die USA nicht Ruhe geben, bis das Regime von Saddam Hussein gestürzt ist. Das offenbart einen der fundamentalen Unterschiede in der transatlantischen 'Wertegemeinschaft'. In den USA ist gegenüber potentiellen Bedrohungen Säbelrasseln populär, in Europa setzt man mehr auf Diplomatie, auch wenn sie langwierig und schwierig ist.