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Alternative Elektroauto

16. September 2009

Der Antrieb gilt noch immer als nicht ausgereift. Dabei würde ein schneller Umstieg auf Elektro-Motoren viele Probleme lösen. Wie es funktionieren könnte, will eine Firma in Israel zeigen.

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Heck eines Autos mit Elektroantrieb in leuchtend blauer Farbe (Quelle: DW)
Leuchtend blau - so soll die saubere Autozukunft aussehenBild: Secilia Pappert
Verkehrs-Chaos und Smog in Peking (Quelle: dpa)
Smog durch Abgase im Strassenverkehr könnte bald Vergangenheit seinBild: picture-alliance/ dpa

Auf den ersten Blick ist der silbergraue Renault Mégane mit dem leuchtend blauen Heck und dem Schriftzug "Better Place" ein ganz normales Auto - weder innen noch außen besonders futuristisch. Und doch soll dies das Auto der Zukunft sein. Denn unter der Motorhaube vibrieren keine Zylinder - der Mégane ist ein Elektroauto. Er kommt ganz ohne Abgase aus und auch ohne Geräusche.

Quasi lautlos rollt das Auto durch den Verkehr von Kfar Saba nahe Tel Aviv. Doch ist es alles andere als gemächlich - ein Tritt aufs Gaspedal und die Beifahrer drückt es in die Polster. Die 215 elektrischen Pferdestärken wirken sofort - im Gegensatz zum Verbrennungsmotor, der erst langsam auf Touren kommen muss.

Die Infrastruktur ist der Punkt

Der Renault ist eines von vier Elektro-Autos, die derzeit im Langzeittest durch Israel rollen. Ab 2011 soll es Tausende seiner Art auf Israels Straßen geben. So jedenfalls wünscht es sich die Firma "Better Place". Nein, man habe keine neue Technologie, erklärt Barak Hershkovitz, der Entwicklungschef. Auch die Superbatterie, die 600 Kilometer fährt und in fünf Minuten geladen ist, habe man nicht erfunden. Trotzdem ist das Elektroauto mit den heute verfügbaren wieder aufladbaren Akkus, die für etwa 250 Kilometer reichen und dafür fünf bis sechs Stunden am Haushaltsstrom geladen werden müssen, eine Alternative.

Barak Hershkovitz am Steuer des Elektroautos (Quelle: DW)
Barak Hershkovitz am Steuer des ElektroautosBild: Secilia Pappert

Nämlich dann, wenn die Infrastruktur stimmt. Der Großteil aller Autofahrten, meint Barak Hershkovitz, sieht so aus: Morgens die Fahrt zur Arbeit, dort acht bis zehn Stunden Stillstand, anschließend geht es abends wieder zurück.

Deshalb will "Better Place" bis 2011 in ganz Israel 150.000 Ladestationen errichten - überall dort, wo man für gewöhnlich sein Auto parkt - im Parkhaus in der Innenstadt, im Wohngebiet oder an einem Einkaufszentrum. All jene, die längere Strecken am Stück fahren müssen, bekommen in so genannten "Swapping Stations" innerhalb von drei Minuten die alte leere Batterie gegen eine frisch geladene ersetzt.

Rundumversorgung

Das Geschäftsmodell funktioniert ähnlich einem Mobilfunkvertrag. Für eine bestimmte Zeit entscheidet sich der Kunde zum Beispiel als Vielfahrer für eine Flatrate, eine Kilometerzahl pro Monat, oder aber für die Abrechung pro Kilowattstunde. Das Auto selbst kann er kaufen oder leasen. Das Herzstück des Wagens aber, die Batterie, gehört "Better Place". Auch das gehört zum Konzept, erklärt Hershkovitz. Denn die teuren, etwa 90 x 50 x 50 cm großen Batterien machen fast die Hälfte des Preises eines Elektroautos aus.

Mit der Trennung von Batterie und Auto senkt "Better Place" die Einstiegsbarriere. Der Kunde bekommt nicht nur den Strom, sondern ist praktisch rundum versorgt. Das Navigationsgerät zeigt den Weg zu sämtlichen Ladestationen und warnt, wenn sich die Kapazität dem Ende zu neigt. Auch bei allen anderen Problemen rund ums Auto gibt es per Knopfdruck Hilfe von der 24-Stunden-Hotline. Ökoargumente sind das eine, meint Barak Hershkovitz, doch erst wenn Service und Preis stimmen, überzeugt man die Kunden. Auch wenn die Kalkulationen noch nicht abgeschlossen sind - billiger als ein konventionelles Auto soll das Elektroauto auf jeden Fall werden.

Dänemark, Hawaii, Kalifornien ...

Steckdose in einem ca. ein Meter hohen Pfeiler auf einem öffentlichen Parkplatz (Quelle: DW)
Hier wird Strom 'getankt': Ladestationen finden Fahrer von Elektroautos auf öffentlichen ParkplätzenBild: Secilia Pappert

Bisher kooperiert "Better Place" bei den Fahrzeugen nur mit Renault-Nissan. Aber man sei offen für jeden anderen Autohersteller, betont Hershkovitz. Läuft das Projekt in Israel, sollen Dänemark, Kalifornien und Hawaii folgen. Australien hat ebenfalls Interesse signalisiert und auch Frankreichs Staatspräsident Sarkozy saß schon in einem "Better Place"-Auto. Finanzielle Hilfen erwartet man von staatlicher Seite keine. Wichtig sind aber die Rahmenbedingungen, wie etwa Steuervorteile für Elektroautos oder die Lizenzen für die Ladestationen.

Noch fährt Hershkovitz selbst ein Hybridauto, auf der Rückbank liegen Kindersitze. Lässig wirkt der 42-Jährige in Jeans und Karohemd. Doch nicht wie ein "Öko"-Freak, sondern wie einer, der genau weiß, was er tut. Der studierte Mediziner war früher Kampfpilot bei der israelischen Air Force. Schon immer bastelte Hershkovitz an Softwarelösungen, früher gemeinsam mit Firmengründer Shai Agassi. Gemeinsam arbeiteten sie bis vor zwei Jahren für den deutschen Software-Riesen SAP. Nicht eine Sekunde habe er gezögert, als ihn Shai Agassi gefragt habe, ob er mitmachen wolle, erzählt Hershkovitz und betont, dass die damalige Entscheidung keine gegen SAP, sondern eine für "Better Place" war.

Für eine bessere Welt

Die Geschäftsidee ist der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur für den Massenbetrieb von Elektroautos. Sitz der Firma ist in Kalifornien. Gegründet wurde "Better Place" 2007 von dem 1968 in Israel geborenen Shai Agassi. Agassi war von 2002 bis 2007 Vorstandmitglied bei SAP. 2007 verließ er den Software-Hersteller, um seiner Vision "Make the world a better place" zu folgen. Umweltschutz und die größtmögliche Unabhängigkeit vom Erdöl stehen für ihn an erster Stelle.

Autorin: Secilia Pappert

Redaktion: Klaus Ulrich