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Ende des Kapitels Schrempp

Klaudia Prevezanos29. Juli 2005

Die eigentliche Frage zum plötzlichen Abgang des DaimlerChrysler-Chefs lautet: Warum geht er erst jetzt? Wichtig ist, dass die Entscheidung endlich getroffen wurde, meint Klaudia Prevezanos in ihrem Kommentar.

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Die Nachricht schlug ein, der Rückzug von Jürgen Schrempp bei DaimlerChrysler kam für die meisten unerwartet. Die erste Frage lautete: Warum jetzt? Der Vertrag für den Vorstandschef war erst im Frühjahr 2004 für vier Jahre verlängert worden. Und die Bilanzzahlen für das 2. Quartal, die ebenfalls am Donnerstag (28.7.) bekannt gegeben wurden, waren auch nicht schlecht. Eine echte Antwort dazu gab es aus Stuttgart nicht: Der Augenblick sei günstig für einen Führungswechsel, hieß es vom Vorstand lediglich. Kein Wort des Dankes, kein obligatorischer Platz im Aufsichtsrat für Schrempp. Ein guter Abgang sieht anders aus.

Die eigentliche Frage lautet: Warum geht Schrempp erst jetzt? Spätestens das Ende der Mitsubishi-Misere im Frühjahr 2004 hätte den verantwortlichen Vorstandschef den Posten kosten müssen. Das Engagement bei dem japanischen Autobauer endete ebenfalls abrupt – und gegen den Willen Schrempps. Hier setzte sich Dieter Zetsche durch, der heute sein Nachfolger wird, und es damals wagte, die Asien-Strategie Schrempps offen anzuzweifeln.

Welt AG ohne Erfolg

Die von Schrempp groß angekündigte Strategie der "Welt AG" DaimlerChrysler, nach der der Autokonzern in Asien, Europa und Nordamerika gleichermaßen mit Unternehmensbeteiligungen etabliert sein sollte, ging nicht auf und vernichtete Geld. Nachdem Schrempp 1998 die Fusion mit Chrysler angekündigt hatte, kostete dieser Weg die Anteilseigner geschätzte 18 Milliarden Euro. Die Aktie verlor seitdem weit mehr als die Hälfte an Wert. Als dann auch noch zur Hauptversammlung im April 2005 klar wurde, dass die Marke Mercedes Qualitäts- und Absatzprobleme hat, schien das Maß voll.

Doch Schrempp blieb. Hilmar Kopper, Ex-Vorstand der Deutschen Bank und Aufsichtsratchef bei DaimlerChrysler, setzte sich zusammen mit Schrempp noch einmal durch. Dabei war es längst ein offenes Geheimnis, dass große Teile des Managements und auch der Angestellten bei DaimlerChrysler an Schrempps Strategie nicht mehr glaubten. Das Vertrauen der Finanzmärkte war ebenfalls dahin. Es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Schrempp ging.

Das Gesicht wahren

Die Gerüchte über den Abgang jetzt lassen kaum eine Erklärung aus: War es ein Königsmord oder Schrempps eigener Wunsch zu gehen? Gab es monatelange Gespräche zwischen Schrempp und dem Aufsichtsrat? Oder ging alles sehr schnell? Da wird auch im Nachhinein noch Unternehmenspolitik betrieben. Egal, ob geplant oder nicht: Dass der Abtritt des einst mächtigen Managers nicht mit einem konkreten Skandal verbunden ist, lässt alle Beteiligten einigermaßen das Gesicht wahren. Vielleicht ist es so simpel.

Wichtig ist auch, dass die Entscheidung für Schrempps Rücktritt endlich getroffen wurde. Und mit Dieter Zetsche als Nachfolger ist die Wahl auf einen erfahrenen Automanager gefallen. Natürlich heißt es nun, dass unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden alles zunächst weitergehen wird wie bisher. Noch mehr Unruhe will nach solch einem angekündigten Wechsel niemand haben. Doch erstmal müssen die Bilanzzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr Anfang 2006 auf den Tisch. Es ist zu befürchten, dass sie schlechter aussehen als das Zwischenergebnis. Dann wird Zetsche eingreifen müssen. Das Kapitel Schrempp ist dann für den Konzern formal beendet.