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Ende einer Ära

22. Juni 2009

Der traditionsreiche, aber insolvente deutsche Autobauer hat die Produktion komplett gefertigter Fahrzeuge endgültig eingestellt. In Osnabrück lief das letzte Mercedes CLK Cabrio vom Band.

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Karmann-Mitarbeiter neben dem letzten in Osnbrück gefertigten Auto (Foto: Wilhelm Karmann GmbH)
Kein Anlass für freudige Gesichter: Karmann-Mitarbeiter neben dem letzten in Osnabrück gefertigten AutoBild: picture-alliance / dpa

Der schwarze Mercedes rollte nach Auskunft eines Karmann-Sprechers am Montag (22.06.2009) genau um 11.35 Uhr vom Band. Damit ist in Osnabrück eine 60 Jahre andauernde Industrie-Epoche zu Ende gegangen.

Ein Karmann Ghia Cabrio, Baujahr 1971 (Foto: AP)
Legendär: der Karmann GhiaBild: Ap Images

Sie begann 1949 mit dem Bau der Cabrio-Version des VW-Käfers. Als legendär gilt der Karmann Ghia, von dem das Unternehmen für Volkswagen von 1955 bis 1974 knapp 490.000 Autos herstellte. Dann folgte der nach oben offene VW Golf. Das absatzstärkste Modell war der VW Scirocco - zwischen 1974 und 1992 rollten knapp 800.000 Fahrzeuge dieses Typs vom Band. Vom Mercedes CLK Cabrio wurden seit 1997 rund 225.000 Exemplare produziert. Insgesamt stellte Karmann mehr als 3,3 Millionen Autos her.

Fahrzeugentwicklung und Dachsysteme

Das seit April insolvente Unternehmen hatte sich lange vergeblich um Nachfolgeaufträge bemüht. Der vorläufige Insolvenzverwalter Ottmar Hermann will Karmann nun als Zulieferer für Cabrio-Dachsysteme und als Fahrzeugentwickler fortführen. "Der Auslauf des Fahrzeugbaus war nicht mehr zu verhindern, weil sich die Produktionsstrategie der Automobilhersteller verändert hat", sagte der Rechtsanwalt. Karmann sei aber mehr als der Fahrzeugbau und deshalb versuche er einen Neustart. Für die Bereiche Dachsysteme und Fahrzeugentwicklung gebe es derzeit eine akzeptable Auftragslage.

Karmann wird Ende dieses Monats nach Angaben des Insolvenzverwalters noch rund 1550 ungekündigte Beschäftigte zählen. Zum Vergleich: Ende 2007 standen bei dem Unternehmen noch rund 7000 Männer und Frauen in Lohn und Brot. Wegen der desolaten Auftragslage im Fahrzeugsbau haben allein in den vergangenen Monaten rund 2000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verloren.

Schriftzug auf einem Karmann Ghia
Bild: picture-alliance/ dpa

30 Prozent weniger Gehalt?

Davon sollen etwa 1000 in eine Transfergesellschaft wechseln. Die ursprünglich ebenfalls für die Schließung vorgesehene Karmann-Sparte Werkzeugbau bleibt erhalten, allerdings nur mit 160 Beschäftigten. Bislang sind dort mehr als 500 Mitarbeiter tätig. Für Unmut in der Karmann-Belegschaft sorgt schließlich auch die Absicht von Insolvenzverwalter Hermann, das Gehalt jedes Beschäftigten um 30 Prozent zu verringern. Dies wird von den Mitarbeitern als zu massiv abgelehnt.

Wird Karmann eine Zukunft haben? Laut Hermann werden viele Gespräche geführt, um neue Aufträge zu erhalten. Karmann muss knapp 20 Millionen Euro zusammenbekommen, um die Transfergesellschaft für die gekündigten Mitarbeiter gründen zu können. Doch Hermann gibt auch unumwunden zu: "Es gibt zurzeit keinen Investor!" (sti/je/ap/rtr/afp)