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Ende einer Sport-Ehe

Stefan Nestler27. September 2002

Über 90 Prozent der Deutschen verbinden den Namen Telekom mit Jan Ullrich. Nun geht der erfolgreiche Superstar des Deutschen Radsports. Ende einer legendären Sport-Ehe.

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Jan Ullrich fährt nicht mehr - <br>zumindest nicht für TelekomBild: AP

Das Radteam Deutsche Telekom ohne Jan Ullrich - für viele unvorstellbar. Der Aufstieg der Mannschaft in die internationale Spitzenklasse ist untrennbar mit dem Tour-Helden von 1997 verbunden. Ohne Ullrich hätte es keinen Boom des Radsports in Deutschland gegeben. Ohne ihn wäre der riesige Werbe-Effekt für den Telekommunikations-Konzern aus Bonn kaum eingetreten: Schließlich gilt das Team Telekom als das erfolgreichste Projekt im deutschen Sportsponsoring überhaupt. Im achten Jahr geht nun die erfolgreiche Ehe zwischen Telekom und Ullrich in die Brüche. Man hätte gerne mit ihm weitergearbeitet, aber der Star suche eine neue Herausforderung, heißt die offizielle, die geglättete Version.

Das Aus wegen Drogen und Doping

In Wahrheit war das Verhältnis des Teams zu Ullrich schon seit geraumer Zeit gespannt. Die sportlichen Leiter warfen ihrem Star nicht nur hinter vorgehaltener Hand, sondern zunehmend auch in der Öffentlichkeit mangelnde Professionalität vor. Als Ullrich im Frühjahr alkoholisiert mit dem Auto einen Fahrradständer umfuhr und Fahrerflucht beging, rumorte es heftig im Team.

Die Entschuldigung des 28-Jährigen wurde zähneknirschend hingenommen. Als Ullrich dann im Juli unmittelbar vor Beginn der Tour de France auch noch bei einer Dopingkontrolle positiv getestet wurde, war der Bruch eigentlich kaum noch zu verhindern. Ullrich hatte aus Frust über seine langwierige Knieverletzung in einer Diskothek Tabletten geschluckt, ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen.

Ausstieg in Raten und neue Aussichten

Eigentlich hätte der Konzern die Notbremse ziehen können: Alle Verträge mit den Telekom-Profis enthalten eine Klausel, nach der ein Dopingvergehen die sofortige Kündigung nach sich zieht. Telekom vollzog dagegen den Ausstieg in Raten. Zunächst legte man Ullrichs Bezüge auf Eis, dann bot man ihm einen neuen niedriger dotierten und leistungsbezogenen Vertrag. Dass Ullrich wechseln würde, lag eigentlich auf der Hand. Nun lautet die Frage: Wohin? Die beiden anderen deutschen Rennställe der internationalen Eliteklasse, Coast und Gerolsteiner, haben ihr Interesse signalisiert. Wahrscheinlicher ist ein Wechsel ins Ausland, wo sich Ullrich wesentlich ruhiger auf sein Comeback vorbereiten könnte. Seine Dopingsperre läuft am 23. März 2003 ab.

Team Telekom Auslaufmodell?

Hartnäckig hält sich übrigens das Gerücht, das Team Telekom sei nur noch ein Auslaufmodell. Die Gründe liegen auf der Hand: zum einen ist das Image des Radsports durch die zahlreichen Dopingaffären stark ramponiert, zum anderen verausgabt sich Telekom als Hauptsponsor des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München mit 20 Millionen Euro jährlich. Da kommt es vielleicht nicht ganz ungelegen, dass der Spitzenverdiener des Radteams von der Gehaltsliste verschwindet.