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Ende einer unendlichen Geschichte

Marcel Fürstenau7. November 2003

Es war einmal die DDR und die brauchte Prestigebauten. Heraus kam: Der Palast der Republik. Dann kam die Wiedervereinigung und mit ihr die Diskussion: Darf der Palast bleiben oder muss er weichen?

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Es gibt Geschichten, deren Verlauf mit der Zeit so kompliziert wird, dass irgendwann niemand mehr weiß, wie sie eigentlich begonnen haben. Eine solche Geschichte ist die vom Palast der Republik. Neben dem Holocaust-Mahnmal die zweite unendliche Geschichte in der deutschen Hauptstadt Berlin.

Aber der Reihe nach: Am 6.November hat der Kulturausschuss des Bundestages den Abriss des einstigen DDR-Prestige-Objekts beschlossen. Damit ist das Schicksal eines Gebäudes besiegelt, in dem die frei gewählten Abgeordneten der ostdeutschen Volkskammer im Sommer 1990 mehrheitlich für den Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes stimmten. Mit anderen Worten: Den Weg frei machten für die Wiedervereinigung.

Denkbar: Palast und Schloss!

An den Ort, wo dieses epochale Ereignis stattgefunden hat, erinnert heute noch die von Asbest befreite Ruine des Palastes der Republik. Es wäre denkbar und machbar gewesen, Teile dieses Gebäudes, konkret den historischen Volkskammer-Saal, in den geplanten Neubau des Hohenzollern-Schlosses zu integrieren. Eine Verbeugung vor der Geschichte und den Menschen, die sie geprägt haben. Es gibt Beispiele dafür, in denen so verfahren wurde. Etwa die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, deren Ruine nebst zeitgenössischem Neubau Gegenwart und Vergangenheit verbindet und an die Bedeutung des Ortes erinnert.

So viel Geschichtsbewusstsein ist den heute Verantwortlichen und Einflussreichen leider fremd. Die atmen auf, weil sie endlich ein leidiges Thema im wahrsten Sinne des Wortes aus der Welt schaffen. Das stimmt jene traurig, in deren Augen und Herzen die deutsche Vereinigung mehr ist als ein Verwaltungsakt. Deshalb muss man kein Befürworter des gesamten Palastes sein, der unter ästhetischen Gesichtspunkten weiß Gott nicht zu den Höhepunkten der Architektur-Geschichte zählt.

Grünen soll es auf Ruinen

Die Tage des Palastes der Republik sind also gezählt. Seit 13 Jahren steht der Kasten mittlerweile leer, wurde von Asbest befreit und 2005 werden auch die letzten historischen Spuren getilgt sein. Dann nämlich soll mit den so genannten Rückbauarbeiten begonnen werden. Danach wird Gras über die Sache wachsen. Denn der Bund und die Stadt Berlin beabsichtigen, auf dem aus ihrer Sicht historisch kontaminierten Gelände zunächst nicht das Schloss auferstehen zu lassen. Geplant ist eine gartenarchitektonisch sicherlich anspruchsvolle Grünanlage. Die soll so lange wachsen und gedeihen, bis endlich wieder Geld in den öffentlichen Kassen klimpert, die bekanntlich mehr als leer sind.

Und weil das so ist, kann es mit dem Wiederaufbau des Schlosses noch ziemlich lange dauern. Vielleicht so lange, bis alle vergessen haben, was man an dem Ort eigentlich bauen wollte, wo mal ein Gebäude gestanden hat, in dem mutige Menschen in einer längst vergangenen Zeit eines der schönsten Kapitel deutscher Geschichte geschrieben haben.