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Endlich ist das Gerangel vorbei

Bettina Burkart 4. Oktober 2005

Dass sich die Freude über die EU-Beitrittsgespräche in Kroatien in Grenzen hält, haben sowohl die EU als auch die kroatische Regierung zu verantworten, meint Bettina Burkart in ihrem Kommentar.

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Nun hat es also doch geklappt - endlich. Jede andere Entscheidung wäre angesichts der positiven Bewertung des Nachbarlandes Serbien und Montenegro allerdings auch nicht mehr nachvollziehbar gewesen. Jetzt hat das Spekulieren um Termine ein Ende und alle Beteiligten können sich der eigentlichen Arbeit zuwenden - der inhaltlichen Bearbeitung der einzelnen Kapitel. Und da liegt ein Berg konkreten Handelns vor Kroatien.

Brüssel wird wachsam sein

Ministerpräsident Ivo Sanader und seine Regierung werden diesen außenpolitischen Erfolg nur noch mäßig genießen können, kommt er doch viel später als erwartet. Und seine Regierung - wie auch die Vorgängerregierung - wird sich fragen lassen müssen, warum es erst eines solchen Druckes von außen bedurfte, um zu diesem Ergebnis zu gelangen. Denn hatte nicht gerade die jetzige Regierungspartei, als sie noch in der Opposition war, die damalige Regierung unter ungeheuren Druck gesetzt, was eine positivere Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag betraf?

Der Ministerpräsident hat jetzt immer wieder erklärt, man werde auch nach einer positiven Entscheidung der EU zur Aufnahme der Gespräche den nun eingeschlagenen Weg der Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal fortführen - und zwar um des eigenen Landes willen. Es wird wachsame Beobachter in Brüssel geben.

Das Gefühl, nicht gewollt zu sein

Warum es allerdings nötig war, die beiden überhaupt nicht zusammenhängenden Themen Türkei und Kroatien zu einer derart spannungsgeladenen und vor allem für die Kroaten nicht nachzuvollziehenden Gemengelage zu verbinden, weiß vielleicht auch in Brüssel nicht jeder zu erklären. Nach dem Schock über die Zurückweisung der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden hat man dort wichtige Momente aus den Augen verloren: die eigene Geradlinigkeit und die Zugkraft der EU-Mitgliedschaft.

Gerade Kroatien ist ein Land, wo sich in den letzten Jahren bewiesen hat, wie sehr die in Aussicht gestellte Teilhabe an Europa zu einer Beschleunigung von Demokratisierung und Reformierung geführt hat. Viele Kroaten hatten nun das Gefühl, dass der gesuchte General Ante Gotovina nur ein Vorwand war, jede weitere EU-Erweiterung auf die lange Bank zu schieben, dass auch sie, wie die Türkei, nicht mehr gewollt waren. Eine zügigere Aufnahme der Gespräche - durchaus mit begleitendem Druck, was die Zusammenarbeit mit Den Haag angeht - hätte dieses vermeiden können.

Zustimmung auf dem Tiefstand

Im Augenblick ist die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft in Kroatien auf einem Tiefstand. Einen guten Teil Schuld am Verblassen der EU-Begeisterung haben allerdings auch die Regierenden, denn das negative Gefühl, dass sich durch den - ja offensichtlich nötigen - Druck zum Thema Zusammenarbeit mit Den Haag weit verbreitet hat, hätten eben diese Regierenden verhindern können.

So gilt es jetzt, die Gespräche zügig und mit dem gleichen Elan aufzunehmen, mit dem man in Zagreb nach eigenem Bekunden den Aktionsplan zur Aufspürung des geflohenen Generals weiterführen will. Und sichtbare Ergebnisse im Umsetzen der durch die Gespräche erzielten EU-kompatiblen nötigen Reformen aufzuzeigen. Nicht auf dem Papier sondern konkret müssen die Bürger erleben, dass sich zum Beispiel in Justiz oder Wirtschaft, aber auch auf allen anderen Ebenen in der Gesellschaft die Dinge zum Positiven ändern. Wenn dies dann auch noch durch eine bessere und intensivere Informationspolitik begleitet würde, könnte die Zustimmungsrate zur EU alsbald wieder steigen.