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Entführungsdrama in Nigeria

Ben Shemang/ Abuja, Carla Bleiker7. Mai 2014

Mehr als 200 entführte Schülerinnen warten in Nigeria noch immer auf ihre Rettung. Mittlerweile hat die USA ihre Hilfe angekündigt. Aber die Kritik an Nigerias Präsident wächst. Die Regierung scheint machtlos.

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Demonstration nach Entführung von Mädchen in Nigeria. (Foto: EPA/DEJI YAKE dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

In Vorbereitung auf das afrikanische Weltwirtschaftsforum von Mittwoch (07.05.2014) bis Freitag hat der nigerianische Präsident Goodluck Jonathan zu ungewöhnlichen Maßnahmen gegriffen. Nigerias Hauptstadt Abuja soll fast komplett abgeriegelt werden, alle Schulen und Regierungsbehörden werden geschlossen. Laut Jonathan sollen die Pläne verhindern, dass der Verkehr während des Forums zusammenbricht.

Der Nigerianer Tam Breme wohnt in Abuja und vermutete gegenüber der DW, dass hinter Jonathans Maßnahme die immer stärker werdenden Sicherheitsprobleme stecken. Die Situation im Land ist wegen mehrerer Bombenanschläge angespannt, am Mittwoch (07.05.2014) tötete die islamistische Terrororganisation Boko Haram mehr als 200 Menschen in Gamboru, einem Dorf im Nordosten Nigerias. "Dass Abuja jetzt drei Tage lang abgeriegelt wird, hängt aber, glaube ich, auch mit den Unruhen zusammen", die seit der Entführung der Schülerinnen aus dem Nordosten des Landes aufgekommen seien, so Breme.

Schülerinnen als Sklavinnen verkaufen

Die Schülerinnen zwischen 15 und 18 Jahren hatten sich auf Prüfungen vorbereitet, als sie am 14. April von Boko Haram aus ihren Internatswohnheimen in der Stadt Chibok entführt wurden. 53 von ihnen konnten entkommen, aber rund 276 sollen noch immer in Gefangenschaft sein.

Boko Haram (übersetzt etwa "Westliche Bildung ist Sünde") hat es sich zum Ziel gesetzt, im muslimisch geprägten Norden Nigerias einen islamischen Gottesstaat zu errichten. Der mittlerweile fünfjährige Kampf der terroristischen Gruppierung hat bereits tausende Todesopfer gefordert.

"Westliche Bildung muss ein Ende haben. Mädchen, ihr solltet einfach nur heiraten", sagte Boko Haram Anführer Abubakar Shekau in einem Bekennervideo. Die entführten Schülerinnen halte er als Sklavinnen. "Ich werde sie auf dem Markt verkaufen, so Allah es will", verkündete Shekau in dem Video.

Angeblich sollen zwei der Entführten an Schlangenbissen gestorben sein, etwa 20 Mädchen seien krank, heißt es von einem Mittelsmann. Dieser sagte der Nachrichtenagentur Agence France Press außerdem, dass die Christinnen unter den Mädchen gezwungen wurden, zum Islam zu konvertieren.

Mustapha Gana, Vater eines der entführten Mädchens und ein pensionierter Militäroffizier, sagte der DW, dass Eltern selbst versucht hätten, die Schülerinnen zu befreien. "Das war uns aber nicht möglich, weil die Rebellen stark bewaffnet sind", so Gana. Er sagte außerdem, dass sie bereit wären, das Militär bei einem Einsatz zu begleiten. "Wir Eltern sind bereit, mitzugehen, selbst wenn wir dabei sterben sollten."

Demonstrantin verhaftet

Präsident Jonathan sagte, dass seine Regierung alles unternehme, um die Mädchen zu retten. "Wir versprechen, dass wir die Mädchen definitiv rausholen, egal wo sie sind", erklärte er in einer Fernsehansprache. Seine Regierung steht aber immer mehr in der Kritik. In vielen größeren Städten hat es Proteste gegeben, bei denen Bürger ihren Ärger über die nigerianischen Sicherheitskräfte zum Ausdruck brachten.

Eine der Anführerinnen der Proteste, Naomi Mutah Nyader, wurde Anfang der Woche verhaftet. Eine Mitstreiterin sagte der Nachrichtenagentur Associated Press, dass sie und Nyadar zu einer Polizeistation gebracht wurden, nachdem sie an einem Treffen mit Nigerias First Lady Patience Jonathan in der Hauptstadt Abuja teilgenommen hatten. Die Polizei hielt Nyadar auf dem Revier fest, ihre Begleiterin durfte gehen. Berichte, nach denen die First Lady die Verhaftung angeordnet haben soll, wies Patience Jonathans Pressesprecherin zurück.

Nigeria Patience Goodluck Jonathan
Patience Jonathan (hier mit ihrer Familie) wies die Vorwürfe, sie habe eine Demonstrantin verhaften lassen, zurückBild: AFP/Getty Images

Hilfe aus den USA

Mittlerweile unterstützt die USA die Regierung in dem Entführungsfall. US-Präsident Barack Obama sagte, Nigerias Präsident Jonathan habe sein Hilfsangebot angenommen. Die USA habe ein Team von Experten aus "Militär, Strafverfolgung und anderen Bereichen" nach Nigeria geschickt, um die vermissten Schülerinnen zu finden, so Obama.

Es sieht so aus, als könnte Nigeria die Hilfe gut gebrauchen. Am Dienstag (06.05.2014) wurden acht weitere Schülerinnen aus Warabe, einem Dorf im Nordosten des Landes, gekidnappt.